heute in bremen : „Die Richtung stimmt“
Der ukrainische Schriftsteller Juri Andruchowytsch liest aus seinem neuesten Essayband
taz: Ein Hauptthema Ihres Essaybandes „Engel und Dämonen der Peripherie“ ist die orangene Revolution vor drei Jahren in der Ukraine. Was ist von der damaligen Euphorie geblieben?
Juri Andruchowytsch, Schriftsteller aus der Ukraine: Die Ukraine ist heute ein freies Land, auch wenn sie weiterhin ein sehr korruptes Land ist. Aber totalitäre Politik ist unmöglich geworden. Damit ist Schluss!
Ihre Landsleute scheinen aber enttäuscht zu sein, dass aus der Revolution nicht noch mehr entstanden ist.
Ja, sicher. Ich bin auch enttäuscht. Aber Enttäuschung ist auch eine produktive Komponente, die zu weiteren Veränderungen führen wird.
Was macht Sie dabei so optimistisch?
Es gibt Freiheiten, die es vorher nicht gab. Wir haben frei gewählt, und es hat sich eine starke Kontrolle der Politik durch die Öffentlichkeit etabliert.
Nur gute Nachrichten aus Ihrem Land?
Ich vergleiche die Ukraine mit einem Betrunkenen, der durch die Nacht torkelt. Mal macht er einen Schritt vor, dann drei zurück. Aber die Hauptsache ist, dass die Richtung stimmt.
Sie werfen die Frage auf, wo die Ukraine liege: Im Schatten Russlands oder in einer „Grauzone guter Nachbarschaft, die Europa gewährt“. Wo liegt das Land?
Das Land ist gespalten, eine Hälfte fühlt sich Russland zugehörig, die andere Europa. Aber allen Eliten ist klar, dass nur der Weg nach Europa der richtige Weg ist.
Fragen: fez
Heute, 20 Uhr, Theater am Goetheplatz. Eintritt frei