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Archiv-Artikel

herr tietz macht einen weiten einwurf FRITZ TIETZ über vierschanzige Kinderwünsche

„Hanni, es ist ein Junge“

Fritz Tietz ist 43 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.

Der Skispringer Martin Schmitt ist ein gefragter Samenspender. „Martin, ich will ein Kind von dir“, kann man seit Jahren und erneut auch in diesen vierschanzigen Tagen auf etlichen Transparenten lesen, die da immer wieder über den Köpfen der Schanzen-Zuschauer schweben. Harald Schmidt analysierte das einmal so: „Viele Mädchen wollen jetzt mit Martin zusammen den V-Stil üben – im Liegen …“ Dabei sind es nicht nur fortpflanzungswillige junge Frauen und, wie man gelegentlich beobachten kann, sogar minderjährige Zahnspangenträgerinnen, die sich da um Herrn Schmitts Ejakulat bemühen. Es wurden auch schon eher betagtere Damen und selbst Männer gesehen, die so ihren Kindswunsch an den Skispringer brachten. Glaubten die möglicherweise, er würde ihnen eins austragen?

Immer ist es übrigens nur ein Kind, nach dem da pro Aushang verlangt wird. Von Transparenten, auf denen „Martin, ich will zwei Kinder von dir“ (oder gar noch mehr) stünde, habe ich jedenfalls noch nicht gehört. So offenbart sich gleichsam auch beim Skisprung die allseits beklagte geringe Bereitschaft deutscher Frauen zum möglichst folgen- und kinderreichen Eisprung. Nur ein Kind! Wenn sich die Skisprunganhängerinnen wenigstens zur aktuellen deutschen Geburtenrate bekennen würden: „Martin, ich will 1,3 Kinder von dir“, müsste statistisch gesehen eigentlich jede plakatieren.

Nach Martin Schmitt wurde immer häufiger auch Springerkollege Sven Hannawald mit eindeutigen Kinderwünschen rolliger Skisprungfans konfrontiert. Ob er dem Sven da nicht irgendwie helfen könne, wurde deshalb einmal der im Umgang mit solchen Ansinnen schon erfahrenere Schmitt von einem Reporter gefragt. Was dieser so beantwortete: „Bei 40.000 Fans im Stadion dürfte das ziemlich schwierig werden.“ Man fragt sich überhaupt, warum es ausgerechnet die doch eher bürschchenhaften Skispringer sind, denen so vehement eine Vaterschaft angetragen wird. Was macht diese milchgesichtigen Leichtgewichte in ihren klobigen Raumanzügen und angetan zudem mit diesen komischen Helmen, die ihre Träger immer leicht debil aussehen lassen, so attraktiv für das gebärende Geschlecht? Ich bat eine Freundin, dieses Phänomen einmal aus weiblicher Sicht zu kommentieren, und legte ihr zu diesem Zweck je ein Foto von Schmitt und Hannawald vor. Worauf sie erklärte, dass sie Hannawald eindeutig für zu spackelig erachte, um „mit dem was haben zu wollen“. Den Schmitt hingegen würde sie, wie sie sich ausdrückte, „nicht unbedingt von der Bettkante schubsen“. Allerdings, ein Kind bräuchte er ihr nicht gleich zu machen. Ich schlug ihr darauf vor, doch probehalber mal zum nächsten Sprungwettbewerb zu reisen und dort zu versuchen, Herrn Schmitt mit dem Spruch „Martin, ich will kein Kind von dir!“ zu einem unverbindlichen Bettkampf zu überreden.

Ein zu ranschmeißerisch vorgetragener Kinderwunsch wirkt im Übrigen meist eher abschreckend auf einen jungen Mann, und tatsächlich scheint noch keiner der plakatgestützten Schanzen-Anträge erfolgreich gewesen zu sein. Andernfalls hätte man sicher längst Transparente gesichtet, auf denen mitgeteilt wird: „Martin, ich kriege ein Kind von dir!“, oder: „Hanni, es ist ein Junge.“ Egal aber, ob es nur darum geht, sich bloß spaßeshalber von einem deutschen Adler bespringen zu lassen, oder um einen Beischlaf mit möglichst strammen Folgen. Eine Aufforderung dazu sollte in jedem Fall weniger aufdringlich rüberkommen. Wie wär’s etwa mit: „Martin, ich will dir meine Pferdestickersammlung zeigen“ oder: „Hanni, kommst du noch mit auf einen Kaffee?“. Das klingt zwar beides etwas altmodisch, kann aber empfängniswilligen Frauen durchaus den erwünschten Erfolg bringen. Ich weiß das. Meine Frau zum Beispiel hat es mit ihrer Kaffee-Einladung zu immerhin zwei Kindern gebracht.