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Archiv-Artikel

herr tietz macht einen weiten einwurf FRITZ TIETZ über Werbung im Fußball

Jäger- und andere Meister

„Fußballwerbung ist rausgeschmissenes Geld,“ erklärte neulich in der Sonntags-FAZ Jägermeister-Chef Hasso Kaempfe, also der Boss ausgerechnet jenes Schnapsimperiums, das vor 30 Jahren die Trikotwerbung erfand. Als sein Vorgänger Günter Mast 1973 durchsetzte, dass die Spieler von Eintracht Braunschweig anstelle des Vereinslöwen den Schnapshirsch auf der Brust trugen, sei das noch originell gewesen. Inzwischen aber hält Kaempfe die Reklame am Fußballer für „reine Erinnerungswerbung“, die allenfalls großen, eingeführten Marken nutze. „Wie Opel geschrieben wird, braucht man heute keinem mehr zu erzählen“, ist sich Kaempfe sicher.

Dass er sich da mal nicht täuscht. Speziell der traditionellen Jägermeister-Klientel, den Langzeitdurstigen im überwiegend ländlichen Vereinswesen, dürfte nicht immer gewärtig sein, wie man Opel schreibt. Ein Verdacht, der sich mir erst letzten Sonntag beim Besuch unseres Dorfschützenfestes wieder mal vehement aufdrängte.

Da ich Bundesligaspiele vorrangig im Radio verfolge, ist es mir ziemlich schnurz, wer die Spieler oder die Stadien zuplakatiert. Seit Letztere jedoch immer häufiger nach Großkonzernen benannt sind, wird man auch beim Fußballhören verstärkt mit Erinnerungswerbung traktiert. Zwar meldeten sich nach den ersten Umbenennungen die Rundfunkreporter noch eine Weile standhaft aus den traditionell benamten Stadien; mittlerweile gebrauchen sie durchweg die neuen Arenenbezeichnungen, was mir als alt exerziertem Stadiennamenrater, dem noch so Namen wie Grotenburg-Kampfbahn oder Böllenfalltor vertraut sind, zusehends Probleme bereitet.

Das Braunschweiger Geläuf heißt noch wie eh und je „Stadion an der Hamburger Straße“ und kommt mir deswegen gerade in den Sinn, weil ich mich an eine dort vor Jahrzehnten installierte Erinnerungswerbung erinnere, die mich schon als Kind so einnehmend zu kontakten wusste, dass sie mir bis heute im Gedächtnis blieb. Es handelte sich um eine Werbebande der Brauerei Wolters. Ich sah sie auf einem Mannschaftsfoto aus den ruhmreichen Braunschweiger Tagen Ende der 60er-Jahre. Der Wolters-Pilsener-Schriftzug prangte über der Mannschaft an der Tribüne und hat mich deshalb so nachhaltig beeindruckt, weil der damalige Torwart der Eintracht Horst Wolter hieß. In meinem Kindskopf war ich nämlich davon überzeugt, dass die Namensähnlichkeit von Torwart und Bier kein Zufall sein konnte. Entweder, so reimte ich mir zurecht, spielte Wolter nur deswegen bei Braunschweig, weil es dort das Wolters-Bier gab. Oder aber das Bier war eigens nach ihm benannt worden. Und obwohl doch dem Torwart hinten, ganz klar, ein „s“ fehlte, schien mir ein wie auch immer gearteter Zusammenhang zwischen ihm und dem Bier zwingend. Jedenfalls hat sich mir so die Marke Wolters auf ewig ins Hirn gebrannt.

Die mir am besten erinnerlich gebliebene Stadionwerbung ist aber eindeutig die hier: „Den Ball für das heutige Spiel spendete wieder die Firma Reifen-Cording“, ließ einen in den 70ern der Stadionsprecher von Arminia Bielefeld vor jedem Heimspiel wissen. Das war mal im wahrsten Sinne echte Fußballwerbung. Die aber heute kaum mehr funktionieren dürfte, weil ja, kaum geht ein Ball ins Aus, gleich ein neuer ins Spiel gebracht wird. In Bielefeld aber kickte man damals, selbst wenn ein Schuss über die Tribüne ging und das Leder erst langwierig herbeigeschafft werden musste, immer nur den Reifen-Cording-Ball.

Trotz ihrer eindrücklichen Werbung habe ich die inzwischen auch nicht mehr existierende Firma Cording niemals durch einen Besuch oder gar Reifenkauf beehrt. Auch ob mir jemals ein Wolters-Bier durch die Kehle rann, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen. Jägermeister hingegen habe ich vor Jahren mal ausgiebiger probiert. Daran erinnere ich mich aber nicht so gerne.

Fotohinweis: Fritz Tietz ist 44 Jahe alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.