herr tietz macht einen weiten einwurf : FRITZ TIETZ über die Hittfelder Alm-Kicker
Marine findet endlich heim
Außer der gleichen Endsilbe im Ortsnamen haben meine Geburtsstadt Bielefeld und mein derzeitiger Wohnort Hittfeld (nahe Hamburg) mindestens noch eins gemeinsam: beider Orte bedeutendste Fußballplätze heißen Alm. Obwohl ich schon einige Jahre in Hittfeld lebe, war mir diese Namensgleichheit bislang unbekannt. Bis zum letzten Sonntag hielt ich die Alm für eine Bielefelder Einzigartigkeit. Jetzt weiß ich aber, dass auch in Hittfeld eine Alm existiert. Zuvor hieß dieses Geläuf für mich bloß „der Fußballplatz neben der kleinen Turnhalle, wo das Kinderturnen war“, und so sprach ich denn auch letzten Sonntag zu meiner Frau, als ich mich gegen 15 Uhr 15 auf den Fahrradweg dorthin machte: „Ich fahr mal eben zum Fußballplatz neben der kleinen Turnhalle, du weißt schon, wo das Kinderturnen immer war.“
Der Grund, an diesem Sonntag dorthin zu radeln, war die hier für 15 Uhr angesetzte Bezirksliga-Begegnung des TSV Eintracht Hittfeld gegen den SV Ilmenau. Die beste Gelegenheit, einmal Hittfelds sensationelle Neuerwerbung spielen zu sehen: Marinus Bester, 34. Der ehemalige Bundesligaspieler (Bremen, Schalke, HSV) war nach Abschluss seiner Profikarriere, so hatte ich’s der Lokalpresse entnommen, an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. Hier erlernte Marine, so Besters Spitzname, einst das Fußballspielen. Mittlerweile hauptberuflich als Pressesprecher des Hamburger SV tätig, wird er in dieser Saison nebenberuflich für Hittfeld kicken.
Als ich gegen halb vier an Besters neuer alter Spielstätte eintraf, stand es bereits 2:0 für die Heimmannschaft. So erfuhr ich vom Kassierer, während der mir aus dem Kofferraum seines Autos heraus die Eintrittskarte (3 Euro) verkaufte. Dazu gab’s gratis eine Zeitung: ein 20-seitiges Copy-Druckwerk mit einigen Statistiken und Spielberichten, das, wie ich staunend registrierte, den Namen „Hittfelder Alm-Kicker“ trug, und naja, seither ist mir eben klar, dass es neben der Bielefelder auch eine Hittfelder Alm gibt.
Damit aber genug der Biele- und Hittfelder Gemeinsamkeiten. Anders nämlich als in Bielefeld kann man zurzeit nur in Hittfeld einen Europapokalsieger der Pokalsieger spielen sehen, der Marinus Bester 1992 im Lissaboner „Stadion des Lichts“ mit Werder Bremen wurde. Im vorangegangenen Viertelfinale gegen Galatasaray Istanbul hatte er sogar ein sehr wichtiges Tor erzielt, als er Werder, schon in der Verlängerung, ins Halbfinale köpfte. An diesem fünften Spieltag der Kreisliga Ost gegen den starken Vorjahresaufsteiger SV Ilmenau, immerhin Dritter der Abschlusstabelle, war vom Cup-Gewinner Bester allerdings wenig zu sehen. Durch ihre zeitige Führung glaubten die Hittfelder sich sehr früh hinten einigeln zu dürfen. Ilmenau drückte aber in der zweiten Halbzeit so erheblich, dass Hittfeld trotz der zwei Tore Vorsprung keineswegs sicher sein konnte. Die wenigen Entlastungsangriffe verhungerten meist schon an der Mittellinie, weil sie dort und nicht selten auch durch Marine selbst vertändelt wurden, der insgesamt lustlos wirkte und auffallend häufig ausrutschte. Als das Publikum, das gut 100 Mann stark den von Altglascontainern gesäumten Weg zur Hittfelder Alm gefunden hatte, diese ewigen Stolperer lauthals kritisierte, hatte Marine seine auffälligste Szene, indem er einen der Zuschauer vom Spielfeld aus anblaffte: „Und du kannst ja nicht mal stolpern, du rollst doch bloß.“
Erst als Ilmenau in der 85. Minute den Anschlusstreffer schaffte, ließ Bester einmal etwas von seiner Spielstärke ahnen. Pfeilschnell überrannte er da an der Mittellinie einen ersten Gegner, ehe er allerdings im Strafraum mit einem zweiten zusammenrasselte und dabei abermals zu Boden ging. Ein Elfer, den Marine daraufhin forderte, war das aber nicht. Entschieden wurde das Spiel erst in der 89. Minute, als Hittfelds Nr. 10, Turan Berkkan, einen weiteren Hittfelder Konter erfolgreich zum 3:1-Endstand abschloss.
Fotohinweis: Fritz Tietz ist 44 Jahre alt, lebt als Nachfahre osteuropäischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport