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Archiv-Artikel

herr tietz macht einen weiten einwurf Es schnuppert nach Puma

Herr Tietz nimmt Witterung in Fußballerkabinen auf, um dem Phänomen des Stallgeruchsauf den Grund zu gehen

Nach der Nominierung des Hockeybundestrainers Bernhard Peters zum DFB-Sportdirektor gab es allerlei, durchaus auch lustige Resonanz. Er kenne da noch so einen Volleyballcoach, spöttelte aus Hannover Peter Neururer, und die Bild ulkte, man könne es doch mal mit einem Arschbomben-Trainer versuchen. Der einstige Hochspringer und heutige Focus-Kolumnist Carlo Thränhardt hielt es dagegen für sinnvoll, einen sportartenfremden Übungsleiter anzuheuern, und verwies auf seinen Ballettlehrer. Was seinen Lesern Anlass zu weiteren Witzeleien gab: Ein Mann vom Ballett brächte den deutschen Kickern möglicherweise brasilianische Eleganz bei, jökelte einer. Und ein anderer schäkerte, dass so ein Ballerino für die Choreografie eines mannschaftlich geschlossenen Torjubels gewiss wertvolle Dienste leisten könnte. Undsoheiter.

Von den mehr ernstelnden Kritikern der Personalie Peters wurde vor allem ein Faktor ganz besonders nörgelig bezetert: der Olfaktor. Als langjähriger Übungsleiter des knüppelschwingenden Rasensports fehle es diesem Herrn ja wohl am nötigen Fußball-Stallgeruch, wurde da gestänkert. Und auf den ersten Blick, um nicht zu sagen Riech, leuchtete einem das fast ein. Hockey und Fußball sind nun mal zwei ganz verschiedene Paar Schuhe. Sagt man doch so. Andrerseits: Gerade die Botten dürften doch wohl nach Gebrauch in beiden Disziplinen gleich streng riechen. Ebenso was die Duftnoten ihrer Ställe angeht, wie man beider Mannschaftsumkleiden der Anschaulich- bzw. Anrüchigkeit spaßeshalber bezeichnen könnte: So gravierend dürften da die Unterschiede auch nicht sein. Oder hat etwa jede Sportart ihren ganz eigenen Kabinen-, sprich Pumastallgeruch?

Aber Scherz beiseite. Der Begriff Stallgeruch ist bekanntlich einer, der im übertragenen Sinn angewendet werden will. In der Politik bezeichnet man damit den Werdegang von Akteuren, die sich ihren Stallgeruch auf der Ochsentour durch die Ortsvereine erworben haben. Man könnte also auch Eau de Müntefering sagen oder einfach nur Struck, wollte man zum Beispiel das Bukett des sozialdemokratischen Stallgeruchs beschreiben. Und jeder hätte es sofort in der Nase, jenes muffige Odeur, das ein Rudel mundriechender alter Männer verbreitet, wenn sie mal wieder stundenlang in einem Hinterzimmer die Humanität eines Angriffkrieges erörtern oder gegen Arbeitslose hetzen.

Beim Versuch, mir nach diesem Muster ein Bildnis vom Fußball-Stallgeruch zu machen, steigt unweigerlich ein hektisch gefleckter Uli Hoeneß vor meinem geistigen Auge auf, auf dessen Hemd sich um die Achseln zwei klodeckelgroße Schwitzflecken abzeichnen. Abgerundet wird dieser Eindruck durch eine viel zitierte Einlassung des Bayernmanagers zum Sportdirektorenstreit. Von einer „Furzidee“ sprach Hoeneß da. Ein Stall, in dem solches Vokabular gepflegt wird, dürfte auch so riechen. Sehr anschaulich illustrierte sich mir typischer Stallgeruch auch durch die Atmosphäre, wie sie neulich auf der Jahreshauptversammlung des 1. FC Kaiserslautern geherrscht haben soll. Wie zu lesen war, ließ da Noch-Vorstandsboss René C. Jäggi die Mannschaft wie ein paar dumme Jungs vor die aufgepeitschte Versammlung treten. Dann kündigte er an, ihnen im Falle eines Abstiegs das Prädikat „Schwuchteltruppe“ zu verleihen.

Keine Ahnung, ob der Hockey-Stallgeruch annähernd eklig müffelt. Man riecht nicht häufig rein in diese eher randständige Sportart. Seinem Ruf nach wird das Hockeyspiel eher von Angehörigen der so genannten feineren Kreise ausgeübt. Auch Vereinsnamen wie Club an der Alster, Crefelder HTC oder Hamburger Polo Club scheinen zu bestätigen, dass deren Ställe eher nach Coco Chanel oder Issey Miyake als nach den von Fußballern traditionell bevorzugten Herrenwassern der Sorten „brünstiger Iltis“ oder „nasser Hund“ stinken.

Fotohinweis: Fritz Tietz ist 45 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport