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Archiv-Artikel

herr tietz macht einen weiten einwurf (72) Die kommt, die WELTI. Bestimmt

Herr Tietz ist verzweifelt, dass in Hanuta die Sammelbildchen fehlen, und erspart seinen Töchtern die bittere Wahrheit

In zwei Tagen beginnt die EM, wie man mal die Fußball-Europameisterschaft abzukürzen pflegte. Heute wird die EM allenthalben EURO gerufen, während allerdings die WM, abgekürzte Weltmeisterschaft, weiterhin WM heißt. Aber wie lange noch? Längst brüten vermutlich die Kreativabteilungen der Fußballvermarkter auch für die WM ein flotteres Kürzel aus. Um da das Schlimmste zu verhindern, melde ich hiermit schon mal die (für alle Schreibweisen geltenden) Urheberrechte für WELTI oder WELTO an. Doch es wird nichts nützen. Am Ende werden sie etwas noch Dämlicheres kreiert haben. So wie sie schon die doofen Grinsebälle erfanden, die die deutschen Ausrichter zum Srignet für die WM 2006 erhoben. Dieses grafische Verbrechen hat man vorher schließlich auch nicht für möglich gehalten.

Wie sieht eigentlich das Signet der EURO 2004 aus? Ich gebe zu, dass ich nachgucken müsste. Wie ich überhaupt diese EM eher mäßig vorbereitet angehe. Bis jetzt habe ich weder das Kicker-Sonderheft noch sonst eine EM-Fachlektüre studiert. Nicht mal das aktuelle Klebebildchenalbum von Ferrero befindet sich in meinem Besitz. Obwohl ich mich wiederholt darum bemühte. Aber keiner meiner Hanuta-Dealer führt es bislang im Sortiment. Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass die Porträts der deutschen Fußballer dieses Mal nur den Duplo-Riegeln beigefügt sind und nicht, wie sonst doch wohl immer, auch den Hanuta-Waffeln. Jedenfalls habe ich noch keine Hanuta-Verpackung mit einem entsprechenden Hinweis entdeckt. Dabei ess ich Hanuta eindeutig lieber als die viel zu süßen und schmierigen Duplo-Riegel. Entsprechend gering ist meine bisherige Bildchen-Ausbeute (nämlich gerade mal zwölf, davon drei doppelt), sodass sich die Anschaffung des aktuellen Sammelalbums vielleicht gar nicht lohnt. Damit verzichtete ich dann allerdings auch auf den darin abgedruckten Spielplan, der mir bei den vergangenen E- und WMs stets eine übersichtliche und zuverlässige Orientierungshilfe war. Werde wohl notgedrungen auf den Wahlwerbeflyer der CDU zurückgreifen müssen, den mir neulich meine Frau mitbrachte: eine drei Postkarten große Faltpappe, auf der vorne zwar ein nicht sehr vorteilhaftes Foto der Europakandidatin Ewa Klamt prangt. Dafür sind auf der Rückseite sämtliche EM-Spielpaarungen und deren Anstoßzeiten aufgeführt. Sogar der EM-Spielmodus (inkl. der „Silver Goal“-Regelung!) wird hier erklärt. Eine Blanko-Liste bietet zudem die, wenn auch bloß briefmarkenwinzige Möglichkeit, alle Ergebnisse, Tore und Punktestände jeweils brandaktuell darin einzutragen.

Noch was zum Abschneiden der deutschen EM-Elf? Bitte schön! Zumal ich dieses Mal mit zwei Prognosen aufwarten kann, weil mich meine Frau um eine gebeten hat, die unseren Töchtern, beide glühende Deutschland-Fans, nicht gleich jede Hoffnung nimmt, obwohl die nach den letzten Testspielen nicht mal mehr noch schimmert. Dennoch habe ich ihnen nach der Ungarn-Pleite vom Lineker’schen Grundsatz berichtet, wonach die Deutschen am Ende immer gewinnen, und also Folgendes prophezeit: Deutschland wird sich nach jeweils einem Remis gegen Holland und Lettland und einer knappen Niederlage gegen Gruppensieger Tschechien als Vorrundenzweiter (mit einem Tor Vorsprung vor Holland und Lettland, die ebenfalls auf je zwei Unentschieden und je eine Niederlage kommen) bis ins Endspiel durchschlawinern, das dann aber (wenigstens so viel Härte muss auch meinen Töchtern zuzumuten sein) Frankreich gewinnt.

Wie die Deutschen wirklich abschneiden, brauche ich hier niemandem zu erzählen: Sie kassieren in der Vorrunde drei saftige Packungen, deren höchste die gegen die Letten sein wird. Kahn schmeißt entnervt die Klotten hin und lässt gegen Tschechien Lehmann ran. Doch auch der wird gegen die völlig desorientierte deutsche Hintermannschaft nichts ausrichten können. Der Rest ist Faulobsthagel und die Schmach der vorzeitigen Heimreise inklusive einer ziemlich hochkantigen Demission Rudi Völlers. Ottmar Hitzfeld wird neuer Bundestrainer.

Fotohinweis:

Fritz Tietz ist 45 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.