havel & weltmarkt : Globaalisierung
Junge Aale im Wert von 130.000 Euro setzt das Fischereiamt in diesem Jahr in den Gewässern Berlins und Brandenburgs aus. Gestern verteilte ein Kutter der Behörde die ersten 165.000 Tiere in der Unterhavel.
Weil Verbauungen an der Havel die natürliche Einwanderung der Aale aus der Elbe verhindert, hilft nur künstlicher Besatz. In Berlin ist der Aal der wichtigste Wirtschaftsfisch. 13 Tonnen haben Berufsfischer und Angler im letzten Jahr gefangen, fast exakt so viel wie vom Zander – aber der Aal bringt beim Großhändler etwa 50 Prozent mehr als der Zander. In diesem Jahr nun nützt dem Berliner Aal, dass die Globalisierung der Aalwirtschaft eine kurze Pause macht.
Vor etwa zehn Jahren haben chinesische Züchter damit begonnen, den europäischen Markt für junge Aale regelrecht leer zu kaufen. Die Preise haben sich in diesem Zeitraum vervielfacht. Lukrativ ist dies vor allem, weil die Chinesen die ausgewachsenen Aale ins benachbarte Hochpreisland Japan weiterverkaufen.
Für manche hiesigen Aalzüchter ist der Kapitaleinsatz inzwischen so enorm, dass die Banken gerne ein Wörtchen mitreden wollen – eine unersprießliche Entwicklung in einer Branche, die überwiegend aus Familienbetrieben besteht und eine lange Tradition knapper Buchführung aufweist. 2006 wird das Geschäft wieder kalkulierbarer.
Denn in den Aalen aus China sind in letzter Zeit erhebliche Mengen Desinfektionsmittel nachgewiesen worden, die Krebs erregend sein sollen. Deswegen nahm die Nachfrage auf dem Weltmarkt stark ab. Prompt sanken auch die Preise wieder deutlich. In diesem Jahr liegen sie um 30 Prozent unter dem Niveau von 2005.
Das freut besonders Jens Puchmüller vom Fischereiamt, der die Aussetzung der Jungaale betreut. Denn im letzten Jahr reichten die Mittel nicht mehr aus, um den angestrebten Besatz von 700 Gramm Jungaal pro Hektar Wasserfläche zu erreichen – dieses Jahr geht es wieder. DIETMAR BARTZ