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Archiv-Artikel

hamburger szene Mein Ding ist dein Ding

Er schaute verständnislos seinem Gegenüber ins Gesicht. „Hey“, sagte er und schüttelte seinen Kopf, „Ihr zieht halt euer Ding durch. Und das war‘s. Ich komm da nicht mehr mit.“

Der Jüngere zupfte am Band seines Kapuzenpullis und hob den Blick aus dem Bierglas. „Was sollen wir denn sonst machen“, sagte er. „Natürlich ziehen wir unser Ding durch. Das habt ihr doch auch gemacht. Oder hast Du etwa das Ding deiner Mutter durchgezogen? Oder das Ding Deiner Kinder, die Du noch gar nicht hast? Erzähl‘ mir doch nichts. Jeder zieht immer nur sein Ding durch.“

Einen Moment lang schauten sich die beiden an, schauten sich in die Augen, schwiegen. Dann senkte der Ältere den Blick, tauchte ihn tief ins Bierglas, stocherte mit dem Blick in der Plörre herum, lustlos, nein, angewidert von der Aussicht, den letzten Schluck hinunterstürzen, den Kelch gleich leeren zu müssen.

Er nahm das Glas in die Hand, schwenkte den Bodensatz, als wolle er sicherstellen, dass aus dem Schluck auch ja der geringste Rest von Frische entwichen sei, und sagte, immer noch mit dem Blick im Glas, im Trüben rührend: „Hör‘ zu, ich sag‘ Dir, was mein Ding ist: Das Ding derer durchziehen, die nicht über die Stimme verfügen, zu sagen, es sei ihr Ding.“ Sprach‘s und schwieg.

„Versteh‘ ich nicht“, meinte endlich der Jüngere. „Das ist halt das Ding“, seufzte der Ältere und leerte sein Glas.MAXIMILIAN PROBST