hamburger szene : Bestellt und nicht abgeholt
In zehn Minuten sollen die Profis des Hamburger SV ihr zweites Training am heutigen Tag beginnen. Die Rasensprengeranlage läuft noch auf vollen Touren, eine Gruppe aus vier Jugendlichen geht im schnellen Schritt in Richtung Trainingsgelände. „Puh, noch nichts verpasst“, sagt einer von ihnen.
Es warten bereits gut 100 Menschen in kleinen Grüppchen verteilt auf ihre Stars, die eigentlich just in diesem Moment den gepflasterten Weg zum Rasenplatz hinauflaufen sollten – aber es rührt sich nichts.
Von Minute zu Minute kommen immer mehr Menschen auf das Gelände. Väter mit ihren Kindern, Rentner im Fahrradtrupp, und aus dem ansässigen Fanladen kommen Kunden mit Merchandise-Artikeln in kleinen Papiertüten zum Platz. „Auf meinen Schal lasse ich mir ein Autogramm von Thiago Neves geben“, sagt ein kleiner Junge.
Der Einzige, der auf dem Trainingsplatz seine Runde dreht, ist der Platzwart. „Hier steht’s doch“, sagt ein Rentner und hält seinem Freund den Sportteil der Bild unter die Nase, „Training um 14 Uhr 30 an der Arena und jetzt haben wir schon Viertel vor.“ Er stampft, rüstig wie er ist, mit einem Bein auf den Boden und grummelt in seinen nicht-existenten Bart: „Die schreiben doch sowieso was sie wollen.“
Wie bestellt und nicht abgeholt warten selbst um 15 Uhr noch etwa 50 Fans. „Ich glaub den Arschlöchern von der Zeitung kein Wort mehr“, motzt der Rentner und schwingt sich auf sein Fahrrad. JULIAN KÖNIG