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Archiv-Artikel

hamburger szene Stasi auf dem Trottoir

Die Hölle, das sind die anderen. Das wusste schon Sartre, als er den postmortalen Raum beschrieb, aus dem man nicht fliehen kann, ausgeliefert an Freund und Feind. Vor allem Feind, und deren gibt es ja auch im Alltag nicht zu knapp. Zum Beispiel auf dem breiten Bürgersteig, den ich jüngst befuhr – zugegeben: in verkehrter Richtung. Aber immerhin nicht mit Auto oder Moped, sondern per Rad. Das ich auch gar nicht als Waffe einzusetzen plante. Hatte ich doch vielmehr wieder einmal beschlossen, ab jetzt ein guter Mensch zu sein.

Es gab auch gleich genug zu üben: Geduldig wartete ich auf die Einkaufstüten-Oma. Geschickt umkurvte ich das ältliche Paar. Wie leicht es doch ist, nett zu sein. Alles eine Frage der Einstellung. „Wie man in den Wald hinein ruft“ – ich lächelte selig.

Bis mich der Mann mit dem Dreiradbalg traf. „Wo mein Kind fährt, fährst du nicht!“, wedelte er mir mit gereckten Armen entgegen. Ich hielt. Verzichtete großmütig auf die Frage, warum er mich duzte. War leicht vergrätzt, aber mental kaum angeschlagen, als ich, meine christliche Milde wiederfindend, davonfuhr.

Ich kam 30 Meter weit. Da wartete seine Frau. Ihr Vokabular war begrenzt: „Hier nicht!“, schrie sie ein übers andere Mal. „Hier nicht!“, herrschte sie das zu meiner Verteidigung herbeigeeilte Pärchen an. Und da war er wieder: der Teufel, der mich fast verleitet hätte zu fragen, ob sie eigentlich von der Stasi wäre. Gott, hätte das eine Schlägerei gegeben! PETRA SCHELLEN