hamburger szene : 8.100 Sekunden
Seit drei Tagen habe ich eine Essstörung: Ich kann nicht mehr ertragen, wenn andere essen. Es begab sich zur Zeit des zweiten Weihnachtstages, als wir uns im Kino den „Goldenen Kompass“ ansehen wollte – Ausspannen nach der ganzen Futterei. Schon im Foyer dann rempelten uns fröhlich die Menschen an. Es roch stark nach Frittiertem. Die Flucht in den Kinosaal wurde mir verwehrt – ein weißhemdiger Mensch musste erst noch staubsaugen.
Kein bisschen weihnachtlich, dieses Rumstehen. Meinen erholungsbedürftigen Magen zog es zu dem Füßen, ich wollte wieder nach Hause. Zum zweiten Mal, und sehr intensiv, zog es mich heimwärts, als dann 45 Minuten lang Werbefilme flimmerten. Aber ich blieb tapfer sitzen.
Etwa zu dieser Zeit dann stieg allüberall aus den Kinoecken der Geruch von Nachos auf, und lautes Popcorn-Geknuspere drang an mein Ohr. Und dann kam mein Sitznachbar. Auch er roch stark nach Frittiertem und hatte sich nicht nur eine, nein, gleich zwei Packungen Nachos mitgebracht, natürlich mit Käsesoße. Dazu Popcorn, einen ganzen Kilo-Eimer. Er aß und aß und aß. 45 Minuten Werbung lang und 90 Minuten Film – 8.100 Sekunden lang. Erst mit dem Abspann kam er zum Ende. Da hatten die anderen schon ausgeknuspert.
„Wo lassen die Leute das ganze Popcorn bloß?“, fragte meine Freundin so angespannt, wie ich mich fühlte. Ein guter Teil der Antwort lag auf dem Fußboden, den der Weißhemdige so liebevoll gesaugt hatte. GRIT BEECKEN