gottschalk sagt : Mini-Patriotismus ist angesagt
CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag
Anlässlich des Deutschlandbesuches von Condoleeza Rice machte man sich beim Stadt-Anzeiger Gedanken über die „Tücken der Sprache“. Es ist die Hautfarbe der US-amerikanischen Außenministerin, die Journalisten vor Probleme stellt, denn, wie Autor Joachim Frank ganz richtig erkannt hat: „Eines ist klar: Die Bezeichnung ‚Neger‘ verbietet sich.“ Damit man ihm diese kesse Behauptung auch abnimmt, führt Frank, ganz ordentlicher Journalist, gleich zwei Quellen an: Die „Duden-Sprachberatung“ und die „Initiative schwarze Menschen in Deutschland“ (ISD). Beide bestätigen übereinstimmend: „Neger“ sagt man nicht. Gut, dass uns das mal jemand erklärt hat. Dann sagen wir eben „Mohr“.
Nun, dass der Begriff „Neger“ ein rassistischer ist, weiß man ungefähr seit Heinrich Lübke, wobei die meisten Menschen im Internet heute der Meinung sind, das Lübke-Zitat „Guten Tag, meine Damen und Herren, liebe Neger...“ sei erfunden. Abgesehen davon, dass man als Top-Antirassist Herkunft, Hautfarbe und Nationalität sowieso nicht wichtig findet oder eher versucht, nicht wichtig zu finden (Übung macht den Meister), warum schaffen es manche Linke nicht einfach „Türke“ zu sagen, wenn einer Türke ist? Da kommt dann sowas raus wie „türkischer Mitmensch“.
Der Kölner an sich neigt ja nicht so zum klassischen Rassismus, weil ihm eigentlich jeder, der außerhalb der Stadtgrenzen geboren ist, schon als Fremder erscheint. Wie oft habe ich als „Kölner ost-westfälischer Herkunft“, bzw. „ost-westfälischer Mitbürger“, „Westfalo-Kölner“ oder „ost-westfälischer Mitmensch“ schon den Satz gehört: „Do bess ävver och keine Kölsche?“ In diesem Satz schwang stets doppeltes Bedauern mit: für mich, weil mein schweres Schicksal mir einen Geburtsort so weit weg vom Dom beschert hat, und darüber, dass man immer weniger echte Kölsche trifft. Wenn um ihn herum alle Hochdeutsch sprechen, fühlt sich der Kölner gerne mal überfremdet.
Der Trend geht aber auch in Köln zum Mini-Patriotismus: Nicht den Namen der Stadt, den des Stadtteils trägt der junge Mensch auf dem T-Shirt. Wir Ehrenfelder haben ja im Prinzip nichts gegen die Südstädter. Aber die Mentalität ist eben eine ganz andere! Aus Niehl kommt selten Gutes! Und unter uns: Die Eingemeindung von Porz war ein historischer Fehler.