gewalt im kosovo : Die UNO ist gescheitert
Fast fünf Jahre nach dem Einmarsch der Nato im Kosovo stehen die internationalen Institutionen vor einem Scherbenhaufen. In UN-Mission und KFOR-Friedenstruppen war man sich zwar bewusst darüber, wie unsicher der Frieden war. Die Explosion der Gewalt aber war nicht abzusehen.
KOMMENTARVON ERICH RATHFELDER
Zwar wird die Gewalt mit der Ankunft neuer KFOR-Truppen unterdrückt. Die Nato wird beweisen, dass sie schnell Gewehr bei Fuß ist und dass bewaffnete Auseinandersetzungen keine Chance haben. Doch politisch ist viel zerstört worden. Nach dem Rechtsruck in Serbien fühlten sich auf beiden Seiten die Nationalisten ermutigt. Serben blockierten Straßen, Albaner griffen serbische Enklaven in ganz Kosovo an. Es scheint sich sogar eine radikale Organisation des Protests jenseits der etablierten Parteien gebildet zu haben.
Die UN hatten auf die Quadratur des Kreises gehofft: Ohne eine grundsätzliche Entscheidung über den Status des Kosovo sollte ein friedlicher Ausgleich zwischen Serben und Albanern erreicht werden. Man wollte beide Nationalismen durch Verhandlungen zähmen und den beiden wichtigsten Bevölkerungsgruppen eine gemeinsame Zukunft schmackhaft machen. Diese Strategie ist gescheitert.
Dabei schien alles so schön friedlich. Die UN regierte, der Rest Europas brauchte sich um das Problem nicht mehr zu kümmern. Jetzt rächt sich, dass die Konflikte vor allem in Deutschland und Frankreich nicht nur in der Politik, sondern auch in der Öffentlichkeit nicht richtig ernst genommen worden sind. Die Bevölkerung Exjugoslawiens fühlt sich verlassen. Hinzu kommt, dass die internationale Gemeinschaft in Grundsatzfragen in Bezug auf den Balkan nach wie vor gespalten ist. Es reicht nicht, die Probleme Kosovos und auch Bosniens lediglich zu verwalten – es müssen Entscheidungen über den Status beider Länder getroffen werden.
An der Unabhängigkeit Kosovos führt kein Weg vorbei, der Schwebezustand und die Angst vor der Rückkehr der serbischen Herrschaft stärken die kosovo-albanischen Radikalen. Die zwei Millionen Einwohner des Landes brauchen eine klare politische und wirtschaftliche Perspektive. Dann können sich die zivilen Kräfte leichter durchsetzen und die Rechte der Minderheiten zusammen mit der internationalen Gemeinschaft garantieren. Eine solche Entscheidung wird gegen Belgrad durchgesetzt werden müssen. Das ist bitter, aber notwendig.