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Archiv-Artikel

gastkommentar Gebt uns Martin Heller plus 30 Millionen

Die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger werden auf unabsehbare Zeit mit radikal weniger Staat auskommen müsse. Das Kriterium für alles, was jetzt angefangen wird, muss daher sein: Befähigt es die Stadt, die Menschen und die Unternehmen, ohne öffentliches Geld, aus eigener Kraft zu überleben, zu leben und wo möglich zu wachsen.

Es ist deshalb nicht egal, wie und wo sich der Staat zurückzieht. Wir müssen einen Plan entwerfen für die Übergabe eines wachsenden Teils öffentlicher Aufgaben an die Zivilgesellschaft. Für diesen Prozess brauchen die BürgerInnen Ermutigung, Kenntnisse und Rechte.

Wenn es eine über den Tag hinaus geltende Begründung für die Kulturhauptstadt Bewerbung gegeben hat, dann diese: Sie hat für die Stadt eine neue Ressource erschlossen. Sie hat den Ökonomismus der Sanierungsstrategie aufgebrochen, sie hat gegen die unerträglich gewordene Erfolgspropaganda einen selbstbewussten und frechen Ton gesetzt. Sie hat Menschen und Qualitäten nach vorne gerückt, die lange nichts mit der Selbstdarstellung dieser Stadt zu tun hatten. Und sie hat der kulturellen Produktion Qualität abverlangt und Respekt entgegen gebracht. Das alles in dem Wissen, dass dies unerlässlich auch für das ökonomische Fortkommen der Stadt ist.

Und sie enthielt die Andeutung für ein neues, produktives Bündnis aus Wissenschaft, weitsichtigem Bürger- und Unternehmertum und Kulturszene. Diese Allianz hätte die Stadt durcheinander wirbeln können. Martin Heller hat eine Ahnung davon, wie das geht. Er hatte die Stellung, die Autorität und die Mittel.

Wenn es uns gelingt, den radikalen Entzug öffentlicher Mittel für die Stadtgesellschaft mit dem ernsthaften Aufbruch in eine Bürgergesellschaft zu verbinden und diesen Umbruch auf ein kulturelles Projekt abzustützen, dann gäbe es eine Chance, dem Drama des Bremer Gemeinwesens eine Wendung zu geben.

Wir sollten den Kulturhauptstadt Fonds von circa 60 Millionen Euro halbieren und Martin Heller und sein Team bitten, weitere sieben Jahre in Bremen zu bleiben, um die Ideen und Projekte der Bewerbung unter den neuen Bedingungen umzusetzen. Dann kann der Streit über die Feinheiten nur nützlich sein.

Und was die Kunsthalle angeht: Natürlich wäre der Anbau genau richtig. Die Sache hängt aber sehr weitgehend an einer klugen privaten Finanzierung und am Engagement des bremischen Bürgertums. Da wird der Kunstverein mit seiner großen Tradition und seinen exzellenten Verbindungen viel aus eigener Kraft bewegen müssen. Für diese Mobilisierung nun wieder hat dann der Kunstverein jede nur denkbare Unterstützung verdient.

Robert Bücking ist Leiter des Ortsamts Mitte/Östliche Vorstadt