frisches flimmern (ab heute) : Der Stoff, aus dem die Filme sind
Von der Wiege bis zur Bahre. Das Leben bietet genügend Stoff fürs Kino. Die genaue Abbildung der Wirklichkeit ist dabei weniger von Interesse. Mit viel Phantasie erzählen drei Filme von verschiedenen Altersgruppen.
Die Kindheit (DK, 2003)
Erzähluniversen in Kinderfilmen sind oft unrealistisch. Die Sympathie eines kindlichen Publikums erfordert phantasievolle Umsetzungen und zeigt sich in der Vorliebe für Zeichentrickfilme. Die dänische Produktion „Hodder rettet die Welt!“ von Henrik Ruben Genz ist ein Realfilm, allerdings mit phantastischen Elementen. In seinem Spielfilmdebüt erzählt er die Geschichte des neunjährigen Hodder (Frederik Christian Johansen), der in einer Phantasiewelt lebt. In seiner Klasse wird er als Träumer und Spinner verlacht. Eines Nachts bittet ihn eine Fee, die Welt zu retten. Keiner seiner Schulkameraden will natürlich mit. Er gibt aber nicht auf. In der Tradition des dänischen Kinderfilms erzählt Regisseur Genz die Geschichte seines einsamen Helden für ein ernst zu nehmendes junges Publikum.
(Start: Essen, Köln, Münster)
Die Jugend (BRD, 2003)
Florian (Oliver Bokern) zieht nach Berlin, um sein Studium fortzusetzen. Bis er eine Wohnung gefunden hat, wohnt er bei seinem ehemaligen Mitschüler und besten Freund Pit (Jannek Petri). Er findet ein Zimmer in der WG von Anke (Lilia Lehner) und Judith (Karina Plachetka), deren Mitbewohner Roland (Lars Löllmann) nach Indien auswandern will. Auf einer Party verliebt sich Florian in Petronella (Rike Schmid), die mit dem Filmstudenten Till (Sebastian Reiß) eine nach außen scheinbar heile Beziehung führt. Als Florian eine Affäre mit Petronella beginnt, gerät der Freundeskreis in Bewegung und die Ereignisse überschlagen sich. Der Film „Wir“ von Martin Gypkens erzählt von den Erlebnissen junger Menschen, die sich seit der Schulzeit kennen. Sein Abschlusswerk an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg handelt von den letzten unbeschwerten Momenten der Jugend.
(Start: Münster und Hagen)
Das Alter (CZ, 2001)
Fanda (Vlastimil Brodský) ist fast 80 Jahre alt. „Es ist traurig alt zu werden, wir hätten jung sterben sollen“, sagt sein Freund Eda. „Tja, das haben wir nun verpasst“, antwortet Fanda. Alter ist für ihn kein Grund, wie sein Nachbar im Erdgeschoss aus dem Fenster zu starren und auf den Tod zu warten. Stattdessen zieht er mit seinem ehemaligen Theaterkollegen Eda durch die Gegend und improvisiert neue Rollen: Sie mimen reiche Gentlemen, die zum Schein ein exklusives Anwesen kaufen wollen, nur um dann den Makler anzuknurren: „Heruntergekommen. Nehmen wir nicht“. Sie geben sich in der Prager U-Bahn als Fahrkartenkontrolleure aus, die bei jungen Frauen für einen Kuss schon mal ein Auge zudrücken. Das Leben kann eben so schön sein. Der tschechische Regisseur Vladimir Michálek hat mit „Frühling im Herbst“ einen einfachen Film gedreht, der vor Lebensfreude und Übermut nur so strotzt, auch wenn sein Hauptdarsteller kurz nach der Premiere, im Alter von 81 Jahren, den Freitod wählte.
(Start: Dortmund und Bielefeld)
STEFAN ORTMANN