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Archiv-Artikel

flüchtlingspolitik Höchste Zeit für Richtungswechsel

Da soll noch mal einer sagen, die Stadt Köln betreibe gegenüber den Roma eine unmenschliche Abschreckungspolitik! Es müssen nur die richtigen sein, die kommen. Dann heißt es nicht: Ab zurück nach Skopje. Dann sind sie sogar erwünscht. Nur leider sind sie nicht alle so wie das Roma-Theater „Pralipe“, das pünktlich zum Jahreswechsel sein „Theaterhaus Europa“ in Ehrenfeld eröffnet.

KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER

Denn Pralipe bereichert schließlich das kulturelle Leben Kölns. Während die anderen nur kosten, weil sie das ruhige Leben der Kölner stören. Die Deutschen lieben halt den „Zigeunerbaron“, doch – so formulierte es einmal Günter Grass sehr richtig – „sobald die Angehörigen dieses Volkes, das immerhin seit über 600 Jahren in Europa, wenn schon nicht Heimat, dann doch vorübergehende Bleibe sucht, in unserer Nachbarschaft zur Ruhe kommen wollen, ist uns, dem liedseligen Volk, das ,Zigeunerleben' nicht mehr ,lustig'“. Dann soll „das fahrende Volk“ sehen, wo es bleibt.

Der Umgang mit den aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Köln geflüchteten Roma ist seit Jahren ein Dauerstreit. Wer gehofft hat, unter Schwarz-Grün würde sich die Situation der „Unerwünschten“ signifikant verbessern, hat vergeblich gehofft. Ein kleiner Abstecher in eins der Flüchtlingsheime, beispielsweise nach Köln-Porz, reicht, um das zu erkennen. Da kann man Menschen kennen lernen, die bereits seit über zehn Jahren hier leben – und sich immer noch alle drei Monate eine Verlängerung ihrer „Duldung“ erbetteln müssen. Man verweigert ihnen ganz gezielt, sich legal eine Perspektive aufzubauen. Die einzige Perspektive, die ihnen gegeben wird, ist die Rückkehr in noch größeres Elend.

Solche Verhältnisse müssen eine Brutstätte für gesetzeswidriges Handeln sein. Es ist geradezu erstaunlich, dass die Mehrzahl der Roma-Familien bislang nicht kriminell geworden ist. Da waren die Kölner, als es ihnen dreckig ging, weniger zurückhaltend. „Fringsen“ nennt man bis heute verniedlichend in der Domstadt den ganz profanen Kohlediebstahl der seinerzeit unzähligen Kölner „Klau-Kids“ und ihrer Eltern.

Damit kein falscher Eindruck aufkommt: In den Flüchtlingsheimen finden sich auch gewöhnliche Straftäter. Sie haben Köln als Betätigungsfeld ausgesucht und gehen hier oft auch mit ihren Kindern ihren „Geschäften“ nach. Unsinnig, das zu leugnen. Roma sind keine besseren Menschen und Kriminelle gibt es schließlich auch in der übrigen Bevölkerung.

Doch sollten die Kölner das Differenzierungsvermögen aufbringen, das sie für sich selbst vor 50 Jahren auch aufgebracht haben. Es gilt, den Roma ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und eine Überlebensperspektive zu eröffnen. Das wäre auch ein effektiver Beitrag zur Reduzierung der Eigentumsdelikte. Auch das „Fringsen“ war ja nur eine Übergangserscheinung in der Not. Und um die paar „berufsmäßigen“ Kriminellen, die übrig blieben, kümmerte sich dann die Polizei.