eu & gats : Falsche Angst vor Konkurrenz
Die Welthandelsorganisation WTO will es so: Bis Ende März muss die EU eine Liste von Dienstleistungen vorlegen, die sie im Rahmen des Gats-Abkommens privatisieren will. Vertreter aus Kultur und Gewerkschaften warnen vehement vor diesem Vorhaben: Theater, Schulen und kommunale Versorger würden mehr ausländischer Konkurrenz nicht standhalten. Aber das ist übertrieben.
Kommentarvon KATHARINA KOUFEN
Tatsächlich behält sich die EU einige Schutzklauseln vor. Sie erlaubt ihren Mitgliedsländern weiterhin, bislang öffentliche Aufgaben als solche zu belassen. Das ist auch gut so, denn einmal angenommen lassen sich WTO-Verträge nur schwer rückgängig machen. Man kann die Gewerkschaften verstehen, wenn sie Angst vor Sozialdumping artikulieren. Aber der EU-Entwurf zeigt: Die Union kalkuliert weiter nach demselben Sankt-Florians-Prinzip, mit dem sie sich seit Jahren für Marktöffnung, Subventionsabbau und Zollsenkungen stark macht: Liberalisierung ja – aber nicht bei uns.
In der Liste ihrer Forderungen an andere WTO-Länder hat die EU weit reichende Wünsche in Bereichen angemeldet, die für europäische Unternehmen von Interesse sind: Strommärkte, Versicherungen, Finanzdienstleistungen, Wasserversorgung. Viele dieser Forderungen gingen an die Adresse der Entwicklungsländer – schließlich besteht dort der größte Bedarf an funktionierenden Dienstleistungen. Umgekehrt jedoch blockt die EU gerade da ab, wo die Entwicklungsländer die größten Chancen hätten, auch einmal von der WTO zu profitieren: bei der Entsendung von Arbeitskräften, die Dienstleistungen in Europa für weniger Geld anbieten könnten als die hiesigen – hier gelten in den einzelnen Sektoren jede Menge Einschränkungen. Die zuständigen EU-Minister werden nicht müde, im Zusammenhang mit den WTO-Verhandlungen von einer „Entwicklungsrunde“ zu sprechen. Sie meinen, die armen Länder profitierten von Freihandel mehr als von Entwicklungshilfe.
Daher mahnen die EU, die USA und Japan regelmäßig selbstkritisch an, auch sie selbst müssten ihre Märkte weiter öffnen. Tatsächlich jedoch meinen die reichen Teile der Welt das nur so lange ernst, wie ihnen keine ernsthafte Konkurrenz aus den Entwicklungsländern droht. Das haben sie beim Thema Agrarpolitik oft genug gezeigt. Bis heute gilt auch für die ärmsten Länder eine Einfuhrbeschränkung für Zucker, Reis und Bananen – just die Produkte, die in einer ganzen Reihe von Entwicklungsländern in großem Stil angebaut werden.