erschossene kurden : Diese Geschichte ist nicht beendet
Warum soll man überhaupt noch über die Tragödie am Aschermittwoch des Jahres 1999 in Schmargendorf schreiben? Sind nicht die 16 verletzten Kurden vor dem israelischen Generalkonsulat, getroffen durch Kugeln israelischer Sicherheitsbeamter, längst vergessen? Wer betrauert noch die vier Toten, die den Schüssen zum Opfer fielen? Was sollen noch die alten Kamellen? Ist nicht das Thema endgültig durch?
KOMMENTARvon PHILIPP GESSLER
Nein, ist es nicht: Erst gestern wurden wieder drei junge Kurden wegen Landfriedensbruchs verurteilt, noch immer ist ein anderes Verfahren anhängig – fast vier Jahre nach der Schießerei aber standen die zwei Todesschützen noch immer keine einzige Sekunde vor einem Richter. Für ihr Verhalten damals gab es Gründe, aus Spaß haben sie nicht geschossen. Dass jedoch die Schützen unbehelligt bleiben, während die Kurden weiter belangt und bestraft werden, das macht die ganze Angelegenheit so bitter.
Insofern ist es folgerichtig und gut, dass die Anwälte des gestern beendeten Verfahrens Revision einlegen und bis zur höchsten Instanz in dieser Sache gehen wollen, bis zum Bundesgerichtshof. Nach all der Schlamperei der deutschen Ermittler, nach einer offensichtlichen Verschleppungstaktik der israelischen Behörden, nach der Trägheit des Gerichts besteht so vielleicht die Hoffnung, dass dieser letzte, fast verzweifelte Schritt der Verteidigung doch noch zu etwas Druck und Öffentlichkeit in diesem fortdauernden Skandal führt.
Solange die israelischen Schützen nicht als Zeugen oder Angeklagte vor einem Gericht, ob in Deutschland, ob in Israel, stehen, solange ist diese Geschichte noch nicht beendet – sie sollte es zumindest nicht sein. Natürlich gibt es hierzulande und erst recht in Israel derzeit drängendere Probleme. Dennoch tut die weitere Aufarbeitung Not. Das sind die Israelis wie die Deutschen den verletzten Kurden und verprügelten Polizisten, ihren zwischenstaatlichen Beziehungen, vor allem aber den Toten im und am Generalkonsulat schuldig.
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