editorial : Die Zukunft ist schon da
In den Präsidien der Hochschulen sowie in der Wissenschaftsbehörde dürften die Verantwortlichen mit Unruhe und Besorgnis auf das beginnende Wintersemester blicken. Denn mitten in der Umsetzung sind zwei große Neuerungen, die unter Studenten und Professoren hoch umstritten und darum auch Schwerpunkte dieser taz-Semesterbeilage sind: Der CDU-Senat wird in den nächsten Monaten seine Studiengebührenpläne wahrmachen, indem er sein Gesetz über das Bezahlstudium vorstellt und durch die Bürgerschaft bringt.
Gleichzeitig stöhnt vor allem die Universität unter dem verordneten und ungeliebten Umbau ihrer Studienstruktur zum europatauglichen Bachelor-Master-System, der gerade jetzt voll in Gang kommt. In den Präsidien der Hochschulen wird mit noch massiveren Studentenprotesten als im Sommer gerechnet und Eskalation befürchtet.
Beide Reformen zielen auf Beschleunigung ab – weniger Würze, aber mehr Kürze. Dahinter steht der Gedanke, junge Menschen schneller in den Beruf zum Geldverdienen zu bringen. Der finanzielle Druck durch die Studiengebühr wird sie künftig ebenso zur Eile antreiben wie die strikte Befristung des Bachelors. Auf der Strecke aber drohen zum einen Qualität und Gründlichkeit der Ausbildung zu bleiben und zum anderen Reife und Gelehrsamkeit. Kritiker sagen, vor allem für die Geisteswissenschaften sei die Verschulung tödlich, da sie den Studenten den Mut und die Zeit zum Probieren, Suchen und Forschen nehme. Die Zukunft hat jetzt angefangen, so dass die Warnungen bald überprüft werden können. Eva Weikert