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Archiv-Artikel

durs grünbein: rhapsodie in remoulade

In einer Anzeige für Durs Grünbeins neues, 72-seitiges Buch „Porzellan – Poem vom Untergang meiner Stadt“ zitiert der Suhrkamp Verlag den bisher eigentlich weniger unangenehm auffällig gewordenen Schriftsteller Martin Mosebach mit folgendem Satz: „Durs Grünbein ist Rhapsode und Rhetor aus dem Zeitgefühl der Poesie: in der Gegenwart das Vergangene und in der Vergangenheit das Zukünftige erkennend.“ Ein Rhapsode, Freund Duden weiß das, war im antiken Griechenland ein fahrender Sänger, der eigene oder fremde Texte vortrug, gegebenenfalls zur Kithara; ein Rhetor war ein Redner der Antike. So weit, so irreführend: Die Produktion literarisch sich spreizender Langeweile macht noch keinen Klassiker. Und klingt „Rhapsode und Rhetor“ nicht ein bisschen sehr aufgemaschelt? Wäre es nicht wahrheitsdienlicher, Durs Grünbein als das zu beschreiben, was er tatsächlich ist? Als Rhabarber und Remouladensoße der Poesiealben, als Rama- und Rheumatismus der lyrischen Klöppelei, als Radieschen und Rhesusäffchen der Feuilletons? Tsss – wenn man nicht alles selber macht …