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Archiv-Artikel

dokumentation „Bremer Erklärung“ des Wechseljahre-Kongresses

Schluss mit der Medikalisierung

Über 200 TeilnehmerInnen aus zahlreichen Gesundheitsberufen trafen sich am Wochenende zum Kongress „wechseljahre multidisziplinär“ (die taz berichtete vorab). Als Tagungsergebnis wurde eine „Bremer Erklärung“ verabschiedet, die wir leicht gekürzt dokumentieren:

„Wechseljahre sind eine natürliche Phase im Leben von Frauen und keine Krankheit. In den Wechseljahren greifen körperliche, psychische und soziale Prozesse ineinander. Veränderungen, die Frauen während dieser Zeit erleben, können sehr verschiedenartig sein und unterschiedliche Ursachen haben. Die Wechseljahre sind nicht auf hormonelle Veränderungen zu reduzieren. Die einseitige Sichtweise und Bewertung führt zu unangemessenen Behandlungskonzepten und zu Über-, Unter- und Fehlversorgung.

Es stellt sich die Frage, ob Frauen überhaupt eine professionelle Begleitung in dieser Lebensphase benötigen, und wenn ja, wie ein frauen- und situationsgerechtes Angebot aussehen kann. Wir fordern,

dass alle Frauen unabhängige und verlässliche Informationen zur Verfügung haben, die sie in ihrer Entscheidungsfindung für einen individuell angemessenen Umgang mit dieser Lebensphase unterstützen. Hierzu gehören die zielgruppenspezifische Entwicklung von Infomaterialien sowie die Förderung der Selbsthilfe und der Aufbau geschlechts- und kultursensibler Beratungs- und Behandlungsangebote.

dass der jeweilige Stand des Wissens zu Risiken und Nutzen systematisch zusammengetragen, bewertet und in die ärztliche Praxis umgesetzt wird.

eine unabhängige multidisziplinäre und geschlechtssensible Gesundheitsforschung, die die Ressourcen und Stärken von Frauen in den Blick nimmt.

dass im System der medizinischen Versorgung notwendige Veränderungen für eine wissenschaftlich nachgewiesene und frauengerechte Versorgung in den Wechseljahren herbeigeführt werden. Dazu braucht es eine Sensibilisierung der Akteure für die Bedürfnisse von Frauen sowie für Möglichkeiten und Grenzen des eigenen professionellen Handelns.

die Einbindung geschlechts-, sozialschichts- und kultursensibler Erkenntnisse in die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller beteiligten Professionen sowie den Ausbau multiprofessioneller Zusammenarbeit.

dass die Medikalisierung der Wechseljahre beendet wird. Die Aufwertung und Stärkung der Selbstkompetenzen von Frauen muss ins Zentrum zukünftiger Konzepte der Gesundheitsförderung gerückt werden.

dass Aktivitäten entwickelt werden, die in unserer Gesellschaft das Altern von Frauen sowie ihre Kompetenzen und Lebenserfahrungen wertschätzt.

Die „Bremer Erklärung“ soll zur Entwicklung neuer Konzepte und Strukturen im Umgang mit den Wechseljahren beitragen. Alle Beteiligten dieses Kongresses sind aufgefordert, im Sinne dieser Erklärung in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern verantwortlich zu handeln und die Diskussion fortzuführen.“ taz