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die wahrheitWenn ungelenke Mutanten grunzend niedliche Polos verspeisen

Trotz ihrer imposanten Erscheinung sehen sie zugleich lächerlich und bedrohlich aus: mutierte Kleinwagen...

Trotz ihrer imposanten Erscheinung sehen sie zugleich lächerlich und bedrohlich aus: mutierte Kleinwagen. Diese den Menschen, die sie steuern, und den Dingen, die sie umgeben, gegenüber grotesk überdimensionierten Autos. Meist sind sie schwarz, die Felgen aber sind immer groß wie Mühlräder. Am Steuer sitzen stets winzige blonde Frauen oder breitschultrige, kahl rasierte Herren, jeweils Mitte 30 und ungesund gebräunt.

Die Wagen erinnern mich an jene gentechnisch manipulierten Riesenschweine in Umweltmagazinen, die treudoof auf ihre winzig wirkenden Bauern herabglotzen und durch die Mischung aus unnatürlicher Größe und verblödetem Gesichtsausdruck Mitleid erregen und Furcht einflößen. Sie erweckten in mir einst Bilder von entlaufenen Riesensäuen, die aus ungelenker Aggressivität ihre Artgenossen aus Stall und Wald schmatzend wegfressen wie jene sonst Küchenabfälle und Kartoffelbovisten.

Inzwischen sind auch meine privaten Phantasmagorien mutiert, Kleinwagen fressende Riesenkleinwagen haben Schweine fressende Riesenschweine verdrängt, Mercedes Benz GL-Offroader verspeisen auf Autobahnzubringern und in Parkhäusern grunzend hilflose VW Polos.

So treibt mich die Frage um, was Menschen dazu bewegt, sich solcher Mutanten zu bemächtigen. Es widerspricht ja jeglicher ökonomischer und ökologischer Vernunft, mutwillig die Klimakatastrophe voranzutreiben wie einst der Schweinehirte seine Herde, und nebenbei den privaten Ruin. Und beliebt macht man sich auch nicht gerade, die öffentliche Meinung blickt ja eher missbilligend auf jene Energiefresser herab. Und das Zurschaustellen vorgeblicher Potenz durch Symbole der Größe und Kraft (vulgo: Schwanzverlängerung) erscheint mir als psychologisches Motiv ein wenig freudianisch verbissen und lässt die Motive der blondierten Pilotin im Dunkeln. Es hat ja wenig von einem Symbol der Macht und Potenz, wenn eine anorektische Mittdreißigerin in einem Riesenschalensitz verschwindet wie eine Barbiepuppe in Großvaters Wohnzimmersessel.

Ken immerhin hat es geschafft, seinen Oberkörper den Sitzformaten seines Autos anzupassen, unterstützt von Präparaten des chemisch-hormonell-industriellen Komplexes. Ein Mittelklassewagen würde seinen von Myozyten überwucherten Musterkörper allerdings noch besser zur Geltung bringen, wegen der Proportionen.

Vielleicht ist es eine Art Solidarität unter Mutanten, die Ross und Reiter zusammenbringt, eine innige Beziehung des einsamen Helden zu seinem Gefährten, bar jeder Vernunft, aber bewundert allein vom solargegerbten Goldlöckchen. Die Erforschung ihrer Motive delegiere ich hiermit an die Gender-Forschung, Abteilung Feminismus und Kulturprekariat.

Wenn der einsame Wolf nur nicht diese Kolumne in die Klaue kriegt. Dann steigt er vor meinem Haus aus seinem Achtzylinderriesenkasten, greift knurrend nach meinem Schlafittchen und schmatzt mich mal eben weg wie eine mehlige Pellkartoffel, während sein Gefährte mit der Kraft von 400 Mustangs meinen betagten Golf II zermalmt. Zum Glück liest er kaum und guckt nur Hochglanzfotos, und die sind auf dieser Seite ja selten.

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