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die wahrheit"Ich sehe mir als Nachfolger von Uli Hoeneß"

Ein Interview mit dem Nachwuchsjournalisten Mike Barrington über kleine Geheimnisse und sein letztes Hemd.

Internet-Unternehmer Mike Barrington weiß, wo's langgeht. Bild: ap
Interview von Gerhard Henschel

taz: Mr. Barrington, vor zwei Jahren sind Sie als Volontär vom Miami Herald gefeuert worden und nach Deutschland eingewandert. Erzählen Sie uns bitte etwas über Ihren Werdegang.

Mike Barrington: Well, der Herald war mir auf der Dauer zu eng als … - how do you call it in Germany? - als Spielraum, und so ich mir habe ein neuer Betätigungsfeld gesucht, wo ich mir besser realisieren konnte in meiner Funktion als ein menschlicher Lebewesen mit dem Anspruch auf Teilhaberschaft an der offenen Diskussion über der Society.

Sie haben sich dann zunächst im Ruhrgebiet als Junior Editor einer Mitarbeiterzeitschrift aus dem Bereich der metallverarbeitenden Industrie verdingt …

Das ist richtig. Und alsbald meiner Verständnis fiel auf, dass der Begeisterung vor Beiträgen mit human touch war größer als der vor Berichte über Eisenverhüttung and so on. Für die Mitarbeiter es ist wichtiger, zu wissen, wer mit wem in das Bett geht, okay? Doch der Chef, er mir hat auf dem Fuße getreten. Er wunkte ab. Vor ihm, es war die Angst vor der Evolution aus dem Geist des heute zeitgemäßen Journalismus.

Und so kamen Sie auf die Idee, das Portal FirmenYellowPress.de als unabhängiges Online-Forum für Interna aus Betrieben zu eröffnen?

Yeah. In der Anfangszeit, es war schwer, aber jetzt, es quillt. Wir haben Artikels gebracht über der Geschlechtskrankheit eines Geschäftsführers in einem mittelständischen Unternehmen für Zement und über der Affäre zwischen drei homosexuellen Filialleitern in eine bekannte Supermarktkette. Ein sehr hohes Grad von Aufsehen hat auch unser großer Bericht über dem Betriebsausflug der Belegschaft einer großen Kaffeebohnenherstellerei bekommen, ganz allein aufgrund von menschlichen Kontakten, die sich hinter Mitternacht im Waschraum abgewickelt hatten, vor der Kamera von einem unserer besten Außenreporter. Das war die Krönung!

Hat es da denn seitens der beteiligten Personen keine Beschwerden gegeben?

No, no, no. Die meisten konnten ja sogar noch glücklich sein über der diskreten Auswahl der Aufnahmen, die wir gebracht haben.

Und wie beurteilen die betroffenen Arbeitgeber Ihr Engagement in diesem Sektor?

Sehr, sehr gut! Ich will ja gar kein Problem in die Betriebe bringen, sondern nur das Entertainment. Und wenn es wirklich Fälle vom Zweifel gibt, so bin ich fast immer auch mit einer finanziellen Entschädigung befriedigt.

Das heißt, dass Sie gewisse Nachrichten für sich behalten können, wenn man Ihnen die Kosten erstattet, die bei Ihren Recherchen angefallen sind?

Noblesse oblige.

Und was versprechen Sie sich von Ihrer beruflichen Zukunft?

Ich sehe mir als Nachfolger von Uli Hoeneß bei Bayern Munich.

Ach?

In diesem Job, wenn du als Manager in der Bundesliga aktiv bist, dann weißt du auch genug über die kleinen Geheimnisse der Spieler im Team, und du kannst ihnen vor die Wahl stellen, entweder Geld her, oder wir bringen die Story ganz groß heraus. Dadurch du bist fähig zu verdienen eine Menge, Menge Cash.

So etwas hätte aber ein Uli Hoeneß niemals getan.

Weil er zu wenig vom Geschäft versteht. Ich werde ihm beerben, und er wird ärmer sterben als ich, haw, haw, haw!

Das letzte Hemd hat keine Taschen, Sir.

Das meine schon!

Mr. Barrington, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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1 Kommentar

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  • W
    Wut

    Volles Lob für Herrn Barrington. Er weiß, was den Leser unserer Tage wirklich interessiert. Früher mal - ist lange her - war es mehr als unterhaltsam, das Handeln der Berufspolitiker mitzuverfolgen. Das hat sich grundlegend geändert. Was dieser Personenkreis inzwischen produziert, ist, von gelegentlicher Wut mal abgesehen, die blanke Langeweile. Und dies wie lange noch? Schwierig vorherzusagen. Eine personelle Änderung ist vorerst nicht in Sicht. Zumal demnächst wieder Wahlen anstehen.