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die wahrheitSeehofer macht sich zum Horst

Kolumne Im Jahr des Tigers: Seitdem zu Hause die wirtschaftlichen Aussichten immer düsterer werden, geben sich hier in Peking die deutschen Politiker die Klinke in die Hand ...

Seitdem zu Hause die wirtschaftlichen Aussichten immer düsterer werden, geben sich hier in Peking die deutschen Politiker die Klinke in die Hand. Alle wollen sie bei den finanzkräftigen Chinesen Schönwetter machen. Nach Jens Baganz, dem Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium, war jetzt der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer da. Und weil das jeder mitbekommen sollte, hatte er mich und einige andere Journalisten zu einem Pressefrühstück ins prächtige Pekinger Grand Hyatt eingeladen. Leider gab es gar kein echtes Frühstück, sondern nur mikroskopisch kleine Würstchen im Schlafrock und ein paar Wassermelonenstückchen. Dafür war der Ministerpräsident ganz aus dem Häuschen. Begeistert erzählte er, wie gut es ihm in China gefalle. Dabei steckte er Staatssekretär Baganz eindeutig in die Tasche.

"Das Verhältnis zwischen dem Freistaat Bayern und China", erklärte Seehofer, "ist ausgesprochen gut, ja freundschaftlich." Das läge sicher einerseits an der "legendären Zusammenkunft zwischen Franz Josef Strauß und Mao Tse-tung", die man in China in guter Erinnerung habe - "das öffnete die Herzen". Andererseits aber auch am FC Bayern München. "Ich kann mich an überhaupt kein Gespräch erinnern, in dem der FC keine Rolle spielte." Und drittens seien Chinesen und Bayern ja quasi miteinander verwandt: "Auf der einen Seite Verwurzelung in Tradition und Brauchtum, auf der anderen Seite die Hinwendung zur Zukunft." Deshalb: "Die sind auf einem sehr guten Weg, die Chinesen." Und weil das so sei, wolle er jetzt auch viel öfter kommen.

Noch enthusiastischer äußerte sich der oberste Bayer in seinem China-Reisetagebuch, das er exklusiv auf der Homepage des Radiosenders Antenne Bayern führte. "Liebes Tagebuch …", schrieb er hier unter Missachtung einiger orthographischer und grammatikalischer Regeln, "die Stadt Peking is westlicher als viele westliche Städte. Ja, Einkaufsstraßen modernst mit allem Angeboten, die man von uns kennt. Nur noch größer, moderner und billiger … Ich kaufe mir aber nichts, weil ich keine Zeit habe vor lauter Terminen - außer meine Frau :-) … Überrascht hat mich die Kraft die hier in diesem Land vorhanden ist. Also, die Welt hat den Wettbewerb angenommen. Die Chinesen in besonderer Weise und deshalb sage ich, wer in die Zukunft schauen will, muss nach China reisen … Dein Horst."

Auch hier kann, wer genau liest, den Wunsch Seehofers heraushören, uns in China demnächst öfters heimzusuchen. Wer aber Chinesisch kann, erfährt noch mehr. Seehofers Auslassungen auf der Antenne-Bayern-Seite sind nämlich auch mit chinesischen Schriftzeichen überschrieben, die in der Umschrift "Bi nan suo zhong guo ri ji" lauten. Das aber heißt korrekt übersetzt nichts anderes als "Flüchtlingslager (bzw. Asyl) China Tagebuch". Wahrscheinlich äußert sich hier Seehofers allergeheimster Wunsch. Das macht mir Angst. Denn sollte Horst Seehofer tatsächlich in China Asyl erhalten, kann ich leider nicht mehr bleiben.

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1 Kommentar

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  • L
    Lutz

    Vielleicht schlägt zu viel Genmais-Popcorn aufs Sprachzentrum, so ein Vollhorst!