die wahrheit: Intelligente Schläge
In den Langweilermedien nennt man es gern "eine Sternstunde des Parlaments", wenn im Deutschen Bundestag bei voller Saalbesetzung wichtige Themen beredet werden...
...Dann schreiten die Protagonisten der Parteien zum Pult und geben ihre akribisch einstudierten Reden zum Besten, um nach außen vor dem Publikum an den Fernempfängern zu glänzen und sich nach innen die Gefolgschaft zu sichern. Mit zugespitzten Worten werden die Fehler der politischen Gegner gegeißelt und auf den hohen Punkt gebracht.
So wäre es jedenfalls im Ideal, aber die Wirklichkeit sieht leider anders aus, denn auf dieser sehr eigenen Kunstbühne des Parlaments glänzt kaum ein Abgeordneter mit dem wichtigsten Mittel der Redekunst, dem pointierten Wort. Jede Rede braucht ihre komischen Höhepunkte, die mehr bewegen als ernste Worte. Die Bonmots bleiben hängen, werden zitiert und beeinflussen die Hörer.
An der Qualität der Komik aber lässt sich die Qualität der Rede erkennen. Zwar bemühten sich am Donnerstag in der Debatte zum Euro-Rettungsschirm dann auch die Hauptredner, in ihren Beiträgen einige Bonmots unterzubringen, aber die Resultate waren mehr als dürftig.
"Diese Krise ist zu groß für kleine Schritte und offensichtlich zu groß für Sie", redete beispielsweise der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin die Kanzlerin klein. Eine eher bemühte Anspielung auf die Körpergröße der Kanzlerin und ihren tapsigen Gang, den Kabarettisten gern nachahmen. Genau solche herablassenden Bemerkungen lassen den groß gewachsenen Niedersachsen arrogant wirken.
"Herr Trittin, Sie haben Deutschland das Dosenpfand beschert. Sie möchten Finanzminister werden. Wir werden verhindern, dass Sie Europa eine Blechwährung bescheren werden", konterte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle, der sich mit Getränken bestens auskennt, dessen weinselige Scherze aber allenfalls aus der Blechwalze stammen.
Denn nach einem alten Humorgesetz fallen miserable Pointen immer auf den Erzeuger zurück. Und die geistige Verbindung "Dose & Blech" ist wie alle naheliegenden Witze allenfalls ausreichend für die Schenkelklopfer-Fraktion aus dem rheinischen Karneval.
"Nach dem chinesischen Kalender sind wir derzeit im Jahr des Hasen - und genau den Eindruck vermittelt auch die Regierung", versuchte sich SPD-Kanzlerkandidatenkandidat Peer Steinbrück an einem weit hergeholten Witz. Der allerdings viel zu umständlich war. Oder vermittelt die Regierung etwa den Eindruck, wir sind im Jahr des Hasen? Dafür, dass Steinbrück die ängstlichen Regierungsmitglieder verspotten wollte, schlug er mindestens einen rhetorischen Haken zu viel.
Nein, es war keine dieser herbeigeredeten "Sternstunden", wie die drei symptomatischen Beispiele zeigen. Auf dem komischen Sektor hätte man sich intelligente Ironie oder derbe Schläge unter die Gürtellinie gewünscht - oder was auch immer das Humorarsenal bietet. Aber das ist eine andere Geschichte, die momentan ganz sicher nicht im Deutschen Bundestag erzählt wird.
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