die taz vor 20 jahren : Wirtschaftsnobel-preis für Praktiker
Heute wird er vergeben, der nobelste Nobelpreis, bei dem es um die Wissenschaft übers viele Geld geht – der Preis für Ökonomie. Da werden Leute mit Sechsstelligem belohnt, die über Integrale, Parameter und Elastizitäten salbadern, und in der Wirtschaft selbst geht’s drunter und drüber.
Daß eigentlich endlich einmal Menschen der Praxis bedacht werden müssten, das ist inzwischen Gemeingut quer über alle Parteigrenzen hinweg, wie die Wirtschaftsredaktion bei einigen Telefonaten feststellen konnte. Kohl: „Nobelpreis für Ökonomie? Da brauch ich gar nicht lange nachdenken, da kommt dieses Jahr für mich nur die deutsche Hausfrau in Frage, sie zeigt uns ein ums andere Mal, daß wir nicht mehr Geld aus dem Portemonnaie herausholen können, als wir zuvor hineingetan haben. Das ist sinnvolles Wirtschaften im Kleinen, was wir im Großen machen müssen.“ Petra Kelly: „Es ist doch wieder mal bezeichnend, daß niemand (auch die SPD nicht) an die armen Kinder in Afrika denkt, die im vergangenen Jahr nun weiß Gott am bescheidensten von allen gewirtschaftet haben.“ Bangemann: „Das nötige Gewicht haben dafür nur ganz wenige Menschen auf der Welt.“ Willy Brandt: „Ich meine, wir sollten den Mut aufbringen, meinen Freund Ernst Breit zu berücksichtigen, der uns auch in Zeiten großen Elends auf der Welt gezeigt hat, daß wir erst mal vor unserer eigenen Wirtschaft kehren müssen.“ Die taz hält sich lieber an den DIHT-Boß Otto Wolf, der vorgeschlagen hat, unserem mittelständischen Unternehmen wegen anhaltender Lohnflexibilität den Preis zu verleihen. Na bitte.
kunkel/thöm, taz vom 16. 10. 1986