die stunde der wahrheit: letzte warnung an alle, die sie im munde führen

Kriegszeiten sind Phrasenzeiten. „Morgen ist der Moment der Wahrheit für die Welt“, erklärte der bibeleske George W. Bush am Sonntag – und prompt schrieben sich die journalistischen Phrasenritter die Wahrheit auf ihre Fahnen: Die „Stunde der Wahrheit“ sei gekommen, meinte beispielsweise der Bild-Kommentator Lothar Loewe am Dienstag, der auch schon von einer „nationalen Pflicht der Bundesregierung“ schreibt, dem amerikanischen Kriegsherrn zu folgen. Angesichts des großen Gemetzels offenbaren sie sich dann doch, die kriegslüsternen National-Schreiberlinge. Insofern hat der Krieg tatsächlich etwas Reinigendes und Wahres. Eins allerdings wollen wir in den kommenden Tagen auf keinen Fall lesen oder hören, die widerlichste aller journalistischen Schwurbelformeln: „Die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges.“ Als ob im Frieden Politik und Medien allein der Wahrheit verpflichtet wären. Den ersten Schwallkopf, der es ausspricht oder niederschreibt, wird die zutiefst pazifistische Verachtung der einzig wahren Wahrheit treffen.