die stimme der kritik: Betr.: Handyfunklizenzen
GEHRECHTE UND SEHRECHTE
Dass Geld eine luftig-leichte Angelegenheit ist, hat sich seit dem Aktienboom herumgesprochen. Wohin entschwinden eigentlich die Millionen, wenn der Dax nach unten glibbert? Woher kommen sie, wenn sich die Kurse wieder nach oben schleimen? Von den Unternehmen kommt das Geld nicht, von der arbeitenden Minderheit nicht, vom Staat auch nicht: Geld ist unsichtbar. Alles nur Einbildung.
Diese Erkenntnis ist in das Hirn unserer Haushaltspolitiker geschosen und hat dort eine Adrenalinhausse ausgelöst: Geld ist Luft. Oder umgekehrt: Luft ist Geld. Luft oder besser Funkwellen, genauer gesagt Mobilfunklizenzen sind Geld, nichts als unsichtbares Geld. Über die Versteigerung der UTMS-Handyfunk-Lizenzen schwappen 100 Milliarden Mark in die Haushaltskasse. 100 Milliarden: Die Idee des virtuellen Produkts ist genial. Und sie lässt sich ausbauen. Dafür muss der Staat natürlich irgendwas verkaufen – aber nicht mit der altertümlichen Methode, nach der die Bundesregierung staatseigene Immobilien verscherbelt und damit Millionen Mark in die Haushaltskassen schippt.
Das Virtuelle bringt mehr: Wie wäre es mit der Versteigerung von Lizenzen für die Erteilung einer Erlaubnis zur Benutzung von Bürgersteigen? Agenturen, die die Lizenzen erwerben, dürften dann wiederum Bürgern gegen Gebühren komplexe Gehrechte erteilen (wobei Kategorien von Gehrecht 1, Gehrecht 2 oder Gehrecht 3 denkbar sind).
Die Gehrecht-Agenturen schaffen im Zuge ihrer neuen Dienstleistung Arbeitsplätze, und überhaupt wäre alles gut, bis die Haushaltskasse wieder durch Leere unangenehm auffiele. Doch der virtuelle Markt ist ausweitbar: Nach den Gehrechten kommen die Sehrechte. Und danach kann sich der Staat immer noch auf die Tiefe besinnen. Durch den Verkauf von staatlichem Grund und Boden ab 100 Meter Tiefe ließen sich noch mal Billionen machen. Immerhin sind es 6.000 Kilometer bis zum Erdmittelpunkt, da kommt schon Masse zusammen. Und vielleicht ließen sich bei Probebohrungen in 1.000 Meter Tiefe – simsalabim – dann sogar weitere Einkommensquellen erschließen. Die Welt ist Geld. Musste man endlich mal drauf kommen. BARBARA DRIBBUSCH
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