die stimme der kritik: Betr.: Fashion Morphing
Hat die ein Eon!
Veronica Ferres, die mit dem tollen Eon, läuft dieser Tage alle naselang schwarz bestiefelt durch die regennassen Straßen eines TV-Werbeclips, mit dem selig-entrückten Gesichtsausdruck einer Kuh auf einem Laudanum-High. Sie erreicht gerade noch so den Klamottenladen, und ein netter, wie ein Engelchen mit den Flügeln herumfuchtelnder Verkäufer zeigt auf etwas Kleidartiges auf einem Extra-teure-Designerkleider-Ständer. Veronica zieht die Stiefel aus, das Kleid an und rennt zurück auf die Straße, wo sie wie ein Regentaler stehen bleibt.
Lustig ist, dass aus der Produktion dieses Werbeclips durchsickerte, man habe Frau Ferres für den Film etwas schlanker morphen, also am Computer bearbeiten müssen, als sie ist. „Fashion-Morphing“ nennt man das, und wahrscheinlich ist es der deutschen Ehrlichkeit geschuldet, warum man das nicht auch in anderen Fällen tut: Helmut Kohl gäbe einen hervorragenden Fashion-Morphing-Fall ab, und sowohl Joschka Fischer als auch Gerhard Schröder würden sich über ein paar weggemorphte Falten nach nächtlichen Konferenzen gewiss freuen. Schließlich: Wer lügt denn hier ständig, dass sich die Balken biegen, hmmm?
Aber zurück zu Frau Ferres: Das Kleid, das wie eine dritte Epidermis an ihrem Körper klebt, wurde irgendwann neulich versteigert. Dazu nähte man es auf Veronicas Wunsch, so behaupten Menschen, die es angeblich wissen, von der Konfektionsgröße 42 auf eine zarte 38 um, damit der oder die ErsteigerIn denkt, sie sei nur eine zarte 08/15-Figur-Pflanze – sozusagen ein nachträglicher Fall von Fashion-Morphing.
Das erinnert schwer an einen ganz frühen Fall von Fashion-Morphing: Die nie um einen zitierwürdigen Spruch verlegene („Is this a gun in your pocket or are you just happy to see me?“), unglaubliche Mae West pflegte auch noch im hohen Alter als Super-Bomb-Shell, also als Megasexbombe, in ihren Filmen hin und her zu wackeln. Belagert und begehrt von viel, viel jüngeren Kerlen (als ob sie den Spiegel gelesen hätte!), sorgte sie aber immer dafür, dass ihre Kolleginnen oder Kontrahentinnen im Film erstens molliger als Mae waren und sich zweitens eine graue Paste auf die Zähne schmierten, damit Grand Mae allein die Schönste und Strahlendste unter der heißen Filmsonne Hollywoods blieb. Gemein. Aber auf solche Ideen kommen die Menschen eben.
JENNI ZYLKA
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