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Archiv-Artikel

die steile these Sammelaktion fürs Ego

Menschen adoptieren Kinder und können damit das Leben für alle besser machen. Manchmal bedient aber eine Adoption nur das Bedürfnis nach Selbstdarstellung.

Kleine Kinder bereiten Prominenten fast ausnahmslos eine gute Presse. Ist die Berichterstattung gerade nicht so wie gewünscht, kann man mit einer exklusiven Homestory über die Familie schnell für positive Schlagzeilen in Hochglanz sorgen. Es herrscht in den Medien so eine Art Mutterschutz. Besonders effektiv: Man adoptiert ein Kind aus Afrika, dann hat man gleich auch noch das gute Gefühl, einem armen Kontinent geholfen zu haben.

Vielleicht kling das zynisch, aber letztendlich kann man nicht anders, als Popstars wie Madonna grenzenlosen Egoismus vorzuwerfen. Am Montag erschien sie in Malawi vor Gericht, um ein zweites Kind zu adoptieren. Die Formulierung der Nachrichtenagentur AP spricht für sich: „Madonna leitet in Malawi weitere Adoption ein“. Das klingt ein bisschen so als würde man einen Geburtsvorgang einleiten, als helfe man mit kleinen Tricks Madonna, erneut Mutter zu werden.

Doch es sind es eher größere Tricks, schon im vergangenen Jahr hat Madonna den heute dreijährigen David aus Malawi adoptiert – dafür wurde das geltende Recht des Landes kurzerhand gebrochen. Anlässlich ihrer neuen Shoppingtour in die malawische Hauptstadt Lilongwe brachte die Diva ihren ersten malawischen Adoptivsohn mit, damit er seinen leiblichen Vater treffen könne. Laut Augenturmeldungen war dieser „sehr froh“, seinen Sohn zu sehen. Wie schön. Bei dem vierjährigen Mädchen, das aktuell auf Madonnas Liste steht, gibt wohl es keine leiblichen Eltern mehr, sondern lediglich eine Großmutter und einen Onkel, die sich dagegen wehren soll, dass sie Mercy zukünftig wohl nur noch in der Presse sehen werden.

Letztendlich folgt Madonna mit ihrem Adoptionswunsch nur dem generellen gesellschaftlichen Trend. Kinder werden immer mehr zur Verlängerungen des Ichs. Die Mamas und Papas der Nullerjahre verwirklichen ihre eigenen unausgelebten Träume in den Kindern, und sie nutzen sie zur Vervollständigung ihres Selbstbilds. Allerdings ist es ein großer Unterschied, ob man den Nachwuchs dazu zwingt, Ballettstunde zu nehmen, nur weil man irgendwann mal selbst von der Tanzkarriere geträumt hat, oder ob man ein Kind, nur weil man Lust dazu hat, komplett aus seinem Umfeld löst und es in einen anderen Kontinent verschleppt. Der Sprecher der Hilfsorganisation „Save the children“ kritisierte Madonnas Verhalten als „unangemessen“. Madonna sagte nichts dazu. Es geht ja ohnehin um Bilder, was soll man da große Worte machen. JUDITH LUIG