die brezeln des bösen:
von WIGLAF DROSTE
Man muss kein Anhänger von Verschwörungstheorien sein, um beim Betrachten undurchsichtiger Vorgänge auch die gute alte Frage zu stellen: Wem nützt das? Die Anschläge vom 11. September haben diverse Nutznießer; einer von ihnen bekannte schon Anfang Januar: „Wenn sich unsere Nation im Krieg befindet, lesen die Amerikaner häufiger in der Bibel und hören mehr Country-Musik.“ So schlicht freute sich Garth Brooks, Superstar des Retorten-Country aus Nashville und kommerziell erfolgreichster Solomusiker aller Zeiten. Der 39-jährige Propagandist gesunder Werte für die ganze amerikanische Familie erklärte in einem Aufwasch auch gleich die Welt und ihren Lauf: „Wir schaffen jetzt in Afghanistan Ordnung, und dann kommen die anderen Länder dran.“
Ein paar Wochen später sprach George W. Bush zur amerikanischen Nation, und seine Rede unterschied sich kein Jota von Brooks’ heimatlichem Bocksgesang: Die anderen Länder, die, hübsch formuliert, „jetzt drankommen“ wie in der Schulklasse, Irak, Nordkorea und Iran, bilden laut Bush die „Achse des Bösen“, die zerdullert werden muss. So bleibt der Verteidigungsfall bestehen und Amerika im Krieg. Das ist praktisch: Führt man die Situation des permanenten Ausnahmezustandes herbei, kann man hysterische Sicherheitsgesetze und gigantische Rüstungsetats nahezu widerstandsfrei durchdrücken.
Der amerikanische Schriftsteller Gore Vidal konstatiert, dass George W. Bush mehr und mehr dem Äffchen auf dem Leierkasten gleicht. Immer lauter muss Brezel Bush das Immergleiche in die Welt schreien, den Kreuzzug gegen „das Böse“, das mechanische „drop a few bombs“, das eigene Großheldentum, das Herabsetzen von kriegsgefangenen Gegnern zu Schurken, die mit Folterhaft noch gut bedient sind, das Zusammenrücken der Nation, die an der begeistert behaupteten Generalbedrohtheit wiedererstarkt.
Die publizistischen Pogromstimmungskanonen hierzulande, die in den letzten Monaten jedem Skeptiker naive Dummheit oder miese Motive unterstellten, werden gerade etwas unsicher, ob das Appeasement gegenüber George W. Bush noch lohnt oder ob man umsatteln soll. „Hofschranzen, die der herrschenden Politik ein gutes Gewissen geben“, nannte Pierre Bourdieu diese Existenzen. Wie die von ihnen propagierten Politiker sind sie Öl im Getriebe, trostlose Claqueure ihres Statusgewinns.
Die US-Militärs gaben inzwischen zu, keine Spur von Ussama Bin Laden zu haben. Das große Kriegsziel Nummer eins? Perdü. Das Gegenteil von Logik ist militärische Logik und kulminiert im Befehl: weitermachen! Garth Brooks nimmt Haltung an: „Es ist nun mal so, dass man töten muss, um Frieden zu erreichen. Wenn sie mich als Reservisten einzögen, wäre ich sofort dabei. Aber ich sage auch: Wir müssen mit den Leuten dort unten reden. Sie lediglich zu bombardieren, löst kein Problem.“ Wie günstig: Wer zur Sicherheit kaltgemacht wurde, kann anschließend weder mitreden noch widersprechen. So sieht der ideale Gesprächspartner aus.
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