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die anderen

Die Neue Zürcher Zeitung schreibt zur Verwendung der Stasi-Abhörprotokolle: Nicht nur der scheidende CDU-Vorsitzende Schäuble ist voller Bitterkeit, auch andere CDU-Politiker haben deutlich gemacht, dass die Zeit für eine Aussöhnung noch nicht reif ist. Der Finanzskandal hat zwar seit Schäubles Rücktritt viel von seiner Brisanz verloren. Dennoch kommt die Partei so schnell nicht zur Ruhe, und sei es nur, weil Kohls andauerndes Schweigen die Spekulationen blühen lässt. Die jüngste Sumpfblüte ist die Veröffentlichung von Stasi-Berichten, die auf abgehörten Telefongesprächen von Kohls Finanzberatern beru- hen ... Man war zufrieden, dass die Archive der für Spionage zuständigen „Hauptverwaltung Aufklärung“ vernichtet worden waren, und bemühte sich nicht um die Erschließung der Akten anderer Stasi-Abteilungen, die sich wie die Telefonüberwachung ebenfalls mit dem Westen beschäftigten. Diese westdeutsche Amnesie wird nur selten durchbrochen, am ehesten dann, wenn mit Hilfe der Stasi-Hinterlassenschaft prominente Personen angeschwärzt werden können.

Das Urteil gegen Microsoft wegen Verstoßes gegen die Kartellgesetze kommentiert die Mailänder Zeitung Corriere della Sera: Es war der härteste Tag in der Geschichte von Microsoft und im Leben von Bill Gates. In einem vernichtenden Urteil, das drastische Maßnahmen gegen den König der Software einleiten könnte, einschließlich massiver Schadensersatz-Zahlungen an andere Unternehmen und Konsumenten, hat Richter Thomas Penfield Jackson ihn wegen Verletzung des 100 Jahre alten „Sherman Antitrust Act“ und der Kartellgesetze für schuldig erklärt. Jackson hätte bei seinem Urteil keinen härteren Ton anschlagen können. Aber Gates ist nicht der Typ, der kapituliert. Einige Börsenexperten, die das Vertrauen des Microsoft-Gründers genießen, meinen, dass seine Aktien sehr bald wieder steigen; andere rechnen mit einer langen Zeit der Krise.

Die linksliberale Pariser Tageszeitung Libération schreibt ebenfalls über den Prozess gegen Microsoft: Der Sturz der Microsoft-Aktien an der Wall Street wird die Aktionäre zum Nachdenken über die Konfrontationsstrategie von Firmengründer Bill Gates mit der US-Regierung anregen. Die Probleme werden zudem die Konkurrenten beflügeln, die sich bislang im Hintergrund gehalten haben, auch wenn sie leise Beifall klatschten. Die wichtigste Botschaft von Richter Jackson an alle Protagonisten der neuen Wirtschaft lautet jedoch: Es gibt keinen virtuellen Wilden Westen, wo diejenigen, die am schnellsten ziehen und die Rivalen niederschießen, sich ein Monopol über die Goldminen des elektronischen Zeitalters sichern können.

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