die anderen:
Die Basler Zeitung kommentiert die Entscheidung von Helmut Kohl, seine Teilnahme an der Einheitsfeier am 3. Oktober abzusagen: Die Causa Kohl glitt ins Bekenntnishafte, die Union drohte in zwei Lager zu zerfallen. Diesen politischen Zerfall des christlichen Abendlandes konnte Kohl nicht mit ansehen. Er sagte ab. Dresden findet ohne Kohl statt. Und weil Kohl gründlich waltet, wo er waltet, sagte er auch die Teilnahme an der parteieigenen Feier ab, die die CDU zu Ruhm und Ehr des Altkanzlers ausrichten wollte. Kohl wird den 3. Oktober 2000 wohl im privaten Rahmen begehen. Den Alten quält das nicht. Er weiß: Nur wo Kohl feiert, ist wirklich deutscher Nationalfeiertag.
Zum Untergang des russischen Atom-U-Bootes schreibt die spanische Tageszeitung El Mundo: Der Untergang der „Kursk“ ist vor allem ein menschliches Drama, das ein gutes Thema für einen Hollywood-Thriller abgeben würde. Aber er zeigt auch den wirtschaftlichen und militärischen Niedergang Russlands, das nicht einmal in der Lage ist, die Sicherheit seiner Atom-U-Boote zu gewährleisten. Vor ein paar Jahren war in Murmansk, der wichtigsten Marine-Basis, die gesamte Flotte lahm gelegt worden, weil man den Strom abgestellt hatte. Zum Glück war die „Kursk“ nicht mit Atomwaffen bestückt. So besteht wenigstens nicht das Risiko einer ökologischen Katastrophe.
Die russische Tageszeitung Iswestija kritisiert die Informationspolitik der russischen Militärs: Erst am Montagabend hat der Oberkommandierende der Kriegsmarine die Existenz äußerst ernster Probleme eingestanden. Bis dahin hatte sich die öffentliche Meinung mit Informationen norwegischer Behörden, von Greenpeace und der norwegischen Umweltschutzorganisation Bellona zu begnügen. Wo beginnt das Staatsgeheimnis für unsere Militärs? Liegen denn die Probleme des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit russischer Bürger – darunter auch der Militärangehörigen – innerhalb der Grenze der Geheimhaltung, die durch die Köpfe der Generäle verläuft?
Die italienische Zeitung Il Messaggero schreibt zum U-Boot-Unglück: Sie atmen. Alle leben, versichert die russische Militärführung. Aber die in mehr als 100 Metern Tiefe in den eisigen Gewässern der Barentssee eingeschlossenen Männer wissen, dass ihre Stunden gezählt sind. Maximal 48. Dann wird sich das Atom-U-Boot „Kursk“, das noch vor fünf Jahren der Stolz der Nordmeerflotte war, in ihr Grab verwandeln. Ihre Situation ist verzweifelt. Die Zeit drängt. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.
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