die anderen:
Gerhard Schröder sagte, Arbeitslose hätten kein Recht auf Faulheit. Die Berliner Zeitung kommentiert:
„Schröders Klassenkampf“, schrieb die Welt am Freitag über einen Artikel zum neuen Betriebsverfassungsgesetz. Des Kanzlers Ruf als Genosse der Bosse sei in Gefahr, weil er in alter Sozi-Manier gemeinsame Sache mit den Gewerkschaften mache, stellte der Autor fest. Da hatte er natürlich noch nicht lesen können, was Schröder gerade den Kollegen von der Bild-Zeitung gesagt hatte: Arbeitslose, raus aus der sozialen Hängematte, niemand hat ein Recht auf Faulheit! (...) auf die Frage, weshalb es bei vier Millionen Arbeitslosen 600.000 offene Stellen gebe. Dass dies vor allem eine Folge des Mangels an Bewerbern für hoch qualifizierte und gut bezahlte Tätigkeiten geht, kümmerte den Kanzler nicht. Ihm ging es darum, eben doch wieder ein bisschen den Genossen der Bosse zu geben, der zustimmendes Nicken in den Vorstandsetagen erntet und auch am Stammtisch gern zitiert wird. Mit Klassenkampf hat auch das wenig zu tun, mit Populismus viel.
Auch die Frankfurter Rundschau ärgert sich über den Bundeskanzler: Worüber redet der Kanzler eigentlich? Nach wissenschaftlichen Erhebungen schlupfen tatsächlich einige zehntausend Bürger – etwa fünf Prozent der Arbeitslosen – bei Arbeits- und Sozialämtern unter. Aber 95 Prozent bemühen sich redlich, aber vergeblich um einen Job. Doch der Kanzler stellt sie jetzt alle unter Generalverdacht. Wie war das Motto des SPD-Wahlkampfes 1998? Innovation und Gerechtigkeit? Die Bilanz fällt zunehmend bitter aus.
Das Ausscheiden von Gabi Bauer bei den „Tagesthemen“ ist für die britische Zeitung The Daily Telegraph ein Anlass, über das Verhältnis der Deutschen zu ihren Kindern zu philosophieren: Deutsche haben eine ausgesprochen charakteristische Einstellung zu Kindern. Es läuft darauf hinaus, dass man eigentlich nicht mehr als zwei Kinder haben sollte. Andernfalls ist man ein Schnorrer (das Kindergeld ist großzügig bemessen), hat keine Ahnung von Verhütung oder ist irgendwie besonders religiös und deshalb so produktiv. Große Familie werden im Allgemeinen als asozial betrachtet. Der Trend geht dahin, ein Kind zu bekommen – und dann vielleicht noch ein zweites ziemlich spät. Hat eine Frau erst einmal ein Kind, setzt sie in der besten Mutti-Tradition ihre ganze Energie zur Aufzucht desselben ein. Die konzentrierte, aber oft unbewegte Art, auf die deutsche Mütter ihre Nachkommenschaft auf Berliner Spielplätzen im Auge behalten, beweist die grimmige Ernsthaftigkeit, mit der man hier zu Lande an die Kindererziehung herangeht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen