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Archiv-Artikel

die anderen über putin und russland

Politiken aus Kopenhagen meint zur Entlassung der russischen Regierung durch Wladimir Putin: Der russische Präsident hat seine zweite Amtszeit eingeleitet, obwohl die Wahl dazu erst am 14. März stattfindet: Er entließ die Regierung. Vor allem wollte er damit Ministerpräsident Michail Kasjanow loswerden, der sich mit ihm in mehreren Fragen kräftig angelegt hatte. Putin will eine ihm zu hundert Prozent gehorsame Regierung. Kasjanows Abgang war erwartet worden – aber eben erst nach der Wahl. Es könnte demokratisch klingen, wenn Putin sagt, es sei am fairsten, wenn die Wähler vorher wissen, wen der Präsident als Regierung haben will. Aber es zeigt doch vor allem die Irrelevanz der Wahl. Viele Russen fragen sich, warum sie abstimmen sollen, wenn es nur darum geht, die Entscheidungen der Macht abzusegnen. Das haben sie in einer nicht allzu fernen Vorzeit schon sehr oft ausprobiert.

Die Presse aus Wien kommentiert: Kasjanow stand schon seit langem auf der Abschussliste Putins und der im Kreml politisch tonangebenden Vertreter der diversen Sicherheitsapparate. Dabei war gewiss kein Radikalreformer. Aber der Exregierungschef ist ein kompetenter Wirtschaftsfachmann, der auch auf dem internationalen Parkett eine gute Figur machte. Dass die russische Wirtschaft nach den chaotischen Neunzigerjahren zuletzt unter Putin einen beachtlichen Konsolidierungsprozess erlebt hat, hat nicht nur mit steigenden Erdöl-, Erdgas- und Rohstoffpreisen sowie mit den ersten Ansätzen eines tüchtigen Unternehmertums zu tun, das inzwischen freilich wieder als „Raubtierkapitalismus“ verteufelt wird. Auch der umsichtige Regierungschef Kasjanow hat seinen Teil dazu beigetragen, dass die „russische Wirtschaft“ nicht mehr als ökonomische Abstrusität gilt.

Der Standard schreibt: Putin hat seit seinem Amtsantritt um sich herum konsequent einen Machtapparat aufgebaut, der vorwiegend aus ehemaligen Geheimdienstleuten besteht. Inzwischen dürften sich aber auch innerhalb dieses Lagers Rivalitäten herausgebildet haben. Den Geheimdienstlern gegenüber stehen die liberalen Technokraten mit Finanzminister Alexej Kudrin an der Spitze. Vor diesem Hintergrund will der Kreml-Chef mit der Regierungsumbildung noch vor den Wahlen offensichtlich zeigen, dass er und nur er das Gesetz des Handelns bestimmt. Ob dies wirklich ein Zeichen der Stärke ist und ob in Russland auch künftig ein starker Staat Vorrang vor echten Reformen hat, wird am neuen Regierungschef in Moskau abzulesen sein.