die anderen über kurdistan, den irak und chirac :
Die unabhängige französische Tageszeitung Le Monde meint zu den US-Plänen im kurdischen Irak: Das US-Vorhaben, das irakische Kurdistan von der türkischen Armee besetzen zu lassen, die ein Marterinstrument für die Kurden in der Türkei ist, verheißt nichts Gutes für die Demokratisierung der Region. Es stellt aber den türkischen Generalstab zufrieden. Dieser will die Kurden im Irak daran hindern, von der Zeit nach Saddam Hussein im Sinne von noch mehr Autonomie zu profitieren und damit ihren Brüdern in der Türkei als Vorbild zu dienen. Die Türken wollen beschneiden, was die Kurden im Irak in ihrer seit 1991 von den Amerikanern beschützten Zone an Freiheit und Unabhängigkeit gewonnen haben. Das Schicksal der Kurden ist ein Test auf die Demokratisierung der Region. So gesehen ist das amerikanische Vorhaben ein Rückschritt und kein Fortschritt.
Zum Besuch von Jacques Chirac in Algerien schreibt der Tages-Anzeiger aus Zürich: Vor einem Jahr wäre die Szene undenkbar gewesen: Ein französischer Staatspräsident fährt im Triumphzug durch die Straßen von Algier. Nun kommt Jacques Chirac diese Ehre zu. Nicht dass er maßgeblich zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen Frankreich und der ehemaligen Kolonie beigetragen hätte. Der Jubel galt dem Mann, der sich in der der arabischen Welt mit seiner Irakpolitik Sympathien geholt hat. Chirac kann – mit seiner politischen Vergangenheit – nicht den Anspruch erheben, als Moralapostel aufzutreten. Trotzdem kann er sich als Staatsmann für eine friedliche Lösung im Irakkonflikt und humanitäre Grundsätze einsetzen.
Les Dernières Nouvelles d’Alsace (Straßburg) kommentiert: Die Freundschaftsbekundungen, die Jacques Chirac in Algier entgegengebracht wurden, sind außergewöhnlich. Trotz Kolonialismus und Krieg – und sicher auch gerade deshalb – sind die französisch-algerischen Beziehungen mit nichts vergleichbar. Jetzt müssen Taten folgen. Das verpflichtet beide Lager. Nach so vielen verpassten Gelegenheiten müssen Frankreich und Algerien etwas aufbauen, was der Kolonialismus unter Zwang nicht geschafft hat: auf beiden Seiten des Mittelmeers gute nachbarschaftliche Beziehungen herstellen. Dies ist der richtige Augenblick! Die Entschlossenheit Chiracs, einen neuen Krieg im Nahen Osten zu verhindern, sein Charisma, sein Wunsch, seine Amtszeit mit Gesten zu beenden, die in die Geschichte eingehen, und vor allem sein Bemühen, nicht mehr als Lektionen erteilender Oberlehrer aufzutreten, sind entscheidende Trümpfe.