piwik no script img

Archiv-Artikel

die anderen über den krieg nach dem krieg im irak

Zum vorübergehenden Abzug des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) aus Bagdad und Basra meint die Neue Zürcher Zeitung am Sonntag: Grund für diesen Schritt ist wohl weniger die individuelle Gefährdung, die auch andernorts sehr hoch ist, als vielmehr die Symbolhaftigkeit des Anschlags vom 27. Oktober. Er war gegen die Neutralität und Unparteilichkeit des IKRK gerichtet, was selbst in Konflikten, wo Regeln sonst nicht viel gelten, ein Tabubruch ist. Die Maßnahme wird als vorübergehend bezeichnet. In Tschetschenien freilich sind seit der Ermordung von sechs IKRK-Mitarbeitern in einem Spital bei Grosny vor sieben Jahren keine Ausländer mehr ständig präsent. Heute stellt sich ein ähnliches Problem wie damals: Wie soll in einem radikalisierten Umfeld humanitäre Arbeit geleistet werden, wenn diese von Terroristen nicht geduldet wird?

Die linksliberale britische Zeitung The Independent on Sunday sieht sich in ihrem Widerstand gegen den Irakkrieg bestätigt: Es gibt Situationen, in denen ein Krieg gerechtfertigt ist, aber der damit verbundene Verlust an Menschenleben, und die destabilisierenden Konsequenzen eines Konflikts bringen für die Politiker eine große Verantwortung mit sich. Sie müssen sicher sein, dass die Gründe gerecht und klar definiert sind, dass andere, weniger destruktive Mittel ausgeschöpft sind und dass es eine durchdachte Strategie für die Zeit nach dem Krieg gibt. Der Independent on Sunday war gegen den Irakkrieg, weil im vergangenen März keine dieser Bedingungen erfüllt war. Jetzt, da noch immer keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden sind, die Spannungen im Irak weitergehen und es keine Hinweise auf einen Durchbruch im Nahen Osten gibt, erscheinen die Argumente für den Krieg schwächer denn je.

Die Turiner Tageszeitung La Stampa kommentiert den Abschuss eines weiteren US-Hubschraubers im Irak: Am Ende der blutigsten Woche seit dem Fall von Bagdad gibt es mehr Tote als im ersten Golfkrieg. In statistischer Hinsicht ist das der Effekt des Abschusses eines Black-Hawk-Hubschraubers in Tikrit, bei dem sechs US-Soldaten getötet worden sind. In politischer Hinsicht bedroht hingegen die ständig steigende Opferzahl den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, gerade während von der Wirtschaft erste positive Signale kommen. Und auch die Möglichkeit, Hilfe von den Verbündeten zu bekommen, löst sich in Rauch auf, nachdem die Türkei nun doch auf die Entsendung von Truppen in den Irak verzichtet hat.