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Archiv-Artikel

die anderen über böse mächtige männer, wie gaddafi und karadzic

Das Luxemburger Wort erklärt: Im jüngst entbrannten Streit mit der Schweiz lässt Libyens starker Mann Gaddafi die Maske des Biedermannes fallen und übt massiven Druck auf die Eidgenossen aus, damit ein Verfahren gegen seinen jüngsten Sohn Hannibal eingestellt wird. Wenn es nicht ernst gemeint wäre, könnte man dieses Verhalten schlicht als kurios abtun. Das Zudrehen des Ölhahns wird erfolglos bleiben, denn die Ölversorgung der Schweiz hängt nicht von Libyen ab. Dagegen hat das Festhalten Schweizer Staatsbürger eine ganz andere Qualität, kommt einer Geiselnahme gleich. Der Fall zeigt, dass Libyen noch kein zivilisiertes Mitglied der UNO ist.

Der Tages-Anzeiger (Zürich) fordert: Es gibt für die Schweiz keinen Grund, in irgendeiner Form auf die erpresserischen Machenschaften Libyens und seines Diktators Gaddafi zu reagieren. Im Gegenteil, die Schweiz soll sich zur Wehr setzen. Gaddafi gebärdet sich schon seit Jahrzehnten als Unbelehrbarer und ist überhaupt nicht auf dem Weg zur Besserung, wie dies all jene Staaten seit einigen Jahren gerne behaupten, die sich bei ihm mit Erdöl eindecken. Dazu gehört auch die Schweiz. Gaddafis Racheakt sollte Anlass sein, das Erdöl anderweitig und weniger einseitig einzukaufen.

La Repubblica (Rom) ist unzufrieden mit den Serben: Die Umstände der Geschichte – der Geschichte! – und damit sowohl die Komplizenschaft als auch die Feigheit der Großen dieser Erde waren es, die Radovan Karadžić in den Rang der großen Mörder des vergangenen Jahrhunderts befördert haben. Das lange Abenteuer dieses lächerlichen Mannes, der endlich auf die Anklagebank kommt, führt jetzt zu der Versuchung, zu mystifizieren und zu bagatellisieren. Man konnte das bereits in mehreren Kommentaren in den Tagen nach der Festnahme des Radovan Karadžić lesen. Wenn die Niedertracht und das Blut überlaufen, dann sucht man bei den kleinen Männern, die aus der Gelegenheit heraus zu großen Mördern geworden sind, irgendwie nach Größe.

Die Tageszeitung ABC (Madrid) aber schreibt: Angesichts der Umstände der Verhaftung scheint es klar zu sein, dass Karadžić in den vergangenen 13 Jahren den Schutz des serbischen Geheimdienstes genossen hat. Dass er nur zwei Wochen nach dem Abtritt Koštunicas als Regierungschef gefunden wurde, lässt diesbezüglich einen Zusammenhang vermuten. Nach dem Albtraum des Nationalismus scheint nun in Serbien ein Wandel stattzufinden: das endgültige und erwartete Wiedertreffen mit dem Rest Europas. In Zukunft wird es vielleicht nötig sein, dass die Serben erfahren, wer diesen Augenblick so sinnlos verzögert und sie in ihrer derzeitigen Isolierung gehalten hat.