die Wahrheit: Rettet unsere Teddys!
Vorweihnachtliche Pyromanen: Die Stiftung Warentest verbrennt auf dem Scheiterhaufen der Sicherheit plüschige Kindergefährten.
Ein Land, in dem einst Bücher brannten, verbrennt jetzt Stofftiere! Wer glaubte, so etwas könnte bei uns nie passieren, sieht sich getäuscht: Die Stiftung Warentest legte kürzlich eine groß angelegte "Studie" vor, für die sie nach Herzenslust Puppen, Plüschtiere und Plastikfiguren abfackelte! Es ging den Brandstiftern von Warentest selbstverständlich nur um die Entflammbarkeit der Spielzeugtiere, sie wirkten quasi als Brandschutzengel der lieben Kleinen.
Obwohl die Stiftung selbst einräumt, dass das Ankokeln von Stofftieren als Brandursache für Wohnungsbrände "eher selten" festzustellen ist, wurde prophylaktisch munter drauflos gezündelt. Dabei wird jedes vernünftige Kind eher Gardinen, Bastmöbel und Holzbetten in Brand setzen als den geliebten Teddy. Auch die bekannteste jugendliche Brandstifterin, Paulinchen aus dem "Struwwelpeter", setzte nur sich selbst in Brand, während ihre Puppe sicher im Hintergrund lag. Die beiden mit erhobenen Pfoten moralisierenden Katzen Minz und Maunz ("Die Mutter hats verboten!") konnten dem Häuflein Asche, das von der ungehorsamen Pauline zurückblieb, nicht vorwerfen, dass sie ihre Puppe gefährdet hätte.
Der Stiftung Warentest wars schnurz, sie setzte ihrerseits einen Plüschaffen "rasend schnell in Brand und ließ ihn lichterloh brennen", wie der Berliner Tagesspiegel beeindruckt berichtete. Der bedauernswerte Affe der Firma Sigikid wurde daraufhin umgehend vom Markt genommen und vermutlich kontrolliert verbrannt.
Man wundert sich ohnehin, dass der haarige Affe zum Verkauf angeboten werden durfte, da laut der EU-Vorschrift für Spielzeug keine Materialien "mit einer haarartigen Oberfläche, bei denen ein oberflächiges Abflammen (flash effect) auftreten kann", für die Herstellung von Spielwaren erlaubt sind. Wie sich all die langhaarigen Plüschteddys und Barbiepuppen auf den Flohmärkten durch die EU-Kontrollen gemogelt haben, bleibt genauso schleierhaft.
Die EU-Normen sind streng: Die Flammenausbreitungsgeschwindigkeit darf für Rollenspielzeug nicht höher als 30 mm/s sein. Die Höchstgeschwindigkeit des Rollens ist seltsamerweise noch nicht festgelegt. Am stärksten enttäuscht waren die Pyromanen von der Stiftung Warentest übriges nicht von den Plüschtieren, sondern vom Holzspielzeug. Das ist nicht verwunderlich, denn Holz wird schon seit Langem für sein langsames Abbrennen kritisiert und taugt noch nicht einmal zum Grillen.
Doch die wirklich gefährlichen Brandherde im Kinderzimmer wurden von der Stiftung Warentest übersehen. Die harmlos aussehenden "Fluffy-Bälle" kommen selbstverständlich aus China und sind so leicht entflammbar, "dass sie eine echte Lebensgefahr für Kinder darstellen!", warnt die Website "Kinderprodukte 24". Auch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit warnt vor den "Fluffy Balls", die auch "Puffer-Balls" oder "Pom Pom Balls" heißen können. Allerdings räumen die Schweizer ein, dass bisher keine Meldungen über Unfälle bekannt seien. Die brandgefährlichen Bälle brennen, wenn sie einmal in Flammen stehen, zügig weiter und verqualmen jeden Raum in kürzester Zeit, warnt die Verbraucherzentrale Hamburg.
Doch auch diese schwer löschbaren Feuerbälle aus China werden noch von ihrer "Water Yoyo"-Variante übertroffen: Sie brennen genauso gut, geben aber dabei noch Stoffe ab, die als Nervengift gute Dienste leisten und obendrein krebserregend sind, wie das Bayrische Staatsministerium für Verbraucherschutz mitteilt. Doch dieser "Yoyo" kann noch mehr: Sein Gummiband kann Unglückliche strangulieren, warnen die besorgten Verbraucherschützer, denn "das Geräteprinzip ähnelt der Bola, einem Jagdgerät der südamerikanischen Indianer"! Mittlerweile sind die "Water Yoyos" auch am Automaten zu ziehen. Wenn Sie ein brennendes Kind am Automaten hängen sehen, zögern sie nicht, ihm zu helfen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?