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Archiv-Artikel

deutsche kunst, usa etc. Jubiläumsschau rollt heran

Als Deutsche erkennt man sie schon am Unterleib: Diese mächtigen Beine und Bäuche, die Sybille Bergmann von den riesigen Statuen eines sitzenden und eines stehendem Herren festgehalten hat, können nur zu Karl Marx und Friedrich Engels gehören.

Die US-Amerikaner sollen ihren Blick nun ebenfalls dafür schärfen. Bergmanns Coverfoto für den 500-Seiten-Klotz des Ausstellungskatalogs „Art of Two Germany/Cold War“ ist Vorbote eines Nachhilfeprogramms zur deutschen (Kunst-)Geschichte seit 1945, das das Los Angeles County Museum of Art (Lacma) ab 25. Januar erteilt. Im Sommer wandert die Megaausstellung mit 320 Werken von Künstlern wie Werner Heldt, Werner Tübke, Willi Sitte, Bernhard Heiliger, Guenter Uecker, Wolf Vostell, Josef Beuys, A. R. Penck und Rebecca Horn nach Deutschland. Erst ins Germanische Nationalmuseum Nürnberg (ab 28. 5.), dann ins Deutsche Historische Museum Berlin (ab 3. 10.).

Die deutschen Partner haben sich an dem 1,2 Millionen Euro teuren Projekt finanziell und kuratorisch beteiligt: Angesichts der Gründungsjubiläen von BRD und DDR vor 60 Jahren und dem Gedenken an 20 Jahre Mauerfall wollen sie eine gleichberechtigte Begegnung von Ost- und Westkunst herbeiführen. Die Wunden dieser Debatte, geschlagen namentlich durch die Absage einer Ausstellung für den langjährigen DDR-Kunstfunktionär Sitte im Nationalmuseum Nürnberg 2001 und die verunglückte Weimarer Propagandakunst-Ausstellung 1999, sollen verheilen.

Tatsächlich habe das Interesse der US-Amerikaner für die neue Leipziger Schule um Neo Rauch die Idee ins Rollen gebracht, sagt Kurator Eckhart Gillen, der 1997 bereits die „Deutschlandbilder“ im Martin-Gropius-Bau betreute. Es gebe eine besondere Neugierde für Kunst aus der DDR und Fotografie.

Gillens US-Kollegin Stefanie Barron, die schon „Entartete Kunst. Das Schicksal der Avantgarde in Nazi-Deutschland“ kuratierte, landete nun gleich einen doppelten Coup: Zahlreiche Fotos seien von Lacma jetzt auch angekauft worden. Lacma verfügt zudem dank eines dortigen Sammlers über einen Überblick zu den Multiples von Beuys, der diese seriell und in größerer Auflage hergestellten Objekte sehr pflegte.

In Nürnberg wird die Wanderausstellung dann zusätzlich um Beuys „Richtkräfte (Einer neuen Gesellschaft)“ erweitert – eine Installation von hundert Tafeln mit anthroposophisch inspirierten Kreidezeichnungen, die nur selten den Hamburger Bahnhof in Berlin verlässt. Und Berlin zeigt dann zusätzlich im September Bilder des Malers Werner Heldt aus einer Sammlung in Hannover. HENRIKE THOMSEN