der wochenendkrimi : Dicke Hose
„Tatort: Der vierte Mann“, So., 20.15 Uhr, ARD
Kann diese Musik lügen? Wenn der Hauptverdächtige zu öligen Gitarrenklängen mit seinem Sohn angeln geht, weiß man, dass er nicht der Mörder sein kann. Es verhält sich in diesem „Tatort“ also wie in allen des RBB: Es gibt keine Grauzonen, keine Abgründe. Berlin ist eine Stadt ohne Geheimnisse. Dass ausgerechnet der beliebte Volksschauspieler Jürgen Vogel den ins Kripo-Visier geratenen Gelegenheitsdieb und Undergroundkünstler Harry Wolter spielen muss, erweist sich als besondere Crux: Wenn Harry stolz mit seiner Harley anrauscht und von abstrusen Wandmalereien schwärmt, wirkt er viel zu liebenswert, um aus Geldgier einen Gemälderestaurator töten zu können. Großteile der Spannung versucht man also aus dem Zwielicht um den Kleinkriminellen zu gewinnen. Von den erzählerischen Mängeln (Regie: Hannu Salonen, Drehbuch: Hartmann Schmige) wird mit den üblichen Tricks abgelenkt: Die Kommissare Ritter (Dominic Raacke) und Stark (Boris Aljonovic) müssen ohne ersichtlichen Grund durch stillgelegte Industriegelände rennen. Außerdem wird mir nichts, dir nichts der unspektakuläre Fall zum Großverbrechen – unter Politintrigen und Stasiakten macht man es nicht im Berlin-„Tatort“. Hier geht es auf einmal unvermittelt um Beutekunst. Mit dem Berliner „Tatort“ – dem am billigsten produzierten im Land – ist es wie mit der Kapitale generell: Kein Geld in der Kasse, aber immer schön auf dicke Hose machen. CHRISTIAN BUSS