der taz-zwei-ethikrat : Männer ohne Souveränität
Darf man schlechte Fußballspieler als „Schwuchteln“ bezeichnen?
Ja, unumwunden ja, das ist erlaubt. Aber nur, wenn hinter diesem Schmäh – und was soll es sonst sein? – der Beweis angetreten wird, dass hinter dem schwächlichen Auftritt des FC Bayern München durch die Bank homosexuelle Kicker stecken. Tatsächlich kann er nicht erbracht werden: Nach allem, was bekannt ist und Gerüchte so kolportieren, handelt es sich bei jener Elf, die gegen Milanesen 0:2 vergeigte, um heterosexuell orientierte Männer.
Anderer Klatsch besagt, jene nichtspanische Mannschaft, die ins Uefa-Pokal-Halbfinale einzog, verfüge über einen erklecklichen Stamm (!) homosexuell interessierter Akteure. Insofern geht der Schimpf der Schwuchteligkeit an den Tatsachen vorbei. In Wahrheit birgt er die Unterstellung, Männer, die verlieren, seien schwul, also unmännlich.
Davon abgesehen, dass nichts viriler sein kann als ein zünftiger schwuler Fick, ist bereits die Fantasie von Schwuchteligkeit eine abfällige. Schwuchtelig zu sein besetzt in diesem Hirngewölk den Platz des Hampelmanns, der es klötentechnisch auf die Größe von allenfalls aufgepumptem Smarties bringt und den Schwanz auf die Größe von Babymöhrchen ausfahren kann. Das ist natürlich schlecht – denn size does matter! –, aber die Natur ist keine Behörde für Fragen der Gerechtigkeit.
Insofern ist die Tragödie des FC Bayern München eine mangelnder männlicher Souveränität, und zwar heterosexueller Art. Das mag auch an verkappter Ängstlichkeit vor mann-männlicher Emphase liegen, sicher aber nicht am Homosexuellen, an dem es den Bayern von Hitzfelds Gnaden gebricht. Die Mailänder waren einfach bessere Schwuchteln, so gesehen. Anders gesagt: Wer Schwächlinge als schwul abtut, erkennt das Elend des heterosexuellen Mannes nicht – der immer nur gewinnen will und, hat er verloren, nicht mehr weiß, wohin mit seinem Gemächt.