der senatorin läuterung :
Es ist schon überraschend, welcher Wendungen manch Menschin allein aufgrund des dräuenden Wahlkampfs fähig wird: Über Bord geworfen werden da gestern noch ehern scheinende Grundsätze. In völlig neue verbale Gewänder gekleidet wird, was am Vortage noch unverrückbar schien. Ja, sogar zum Besuch beim Feinde rafft man sich auf, wenn einem das Wassser bis zum Halse steht!
So geschehen bei der montäglichen Eröffnung der Stipendiaten-Abschlussausstellung im hiesigen Kunsthaus: Nicht nur, dass Kultursenatorin Dana Horáková es sich nicht nehmen ließ, persönlich zu erscheinen; bis dato mied sie diesen Ort tunlichst! Auch war es ihr ein Anliegen, nicht nur das ansonsten übliche Grußwort zu sprechen, sondern gar die Präsentation der Vorjahres-Stipendiaten höchstselbst zu eröffnen.
Und was war da nicht alles zu hören von jener, die 2004 bereits zum zweiten Male vergeblich versucht hat, ebendiese Künstlerstipendien von zehn auf fünf herunterzukürzen: „Wir wollen weiterhin zehn Stipendien“ war nur eine der hoch brisanten Aussagen, zu denen sie sich hinreißen ließ; man mag hoffen, dass sie dessen eingedenk bleibt, ist die Beust-Regierung erst wieder gewählt und Horáková noch im Amte.
Und weiter ging‘s: „Sponsorengelder allein reichen nicht. Es bedarf der staatlichen Unterstützung“: Auch so ein Satz, den bis dato kein Lebender von ihr vernommen – zumindest nicht im Kontext subkultureller oder sonst irgendwie alternativ klingender Förderung. Und schließlich: Einen Appell lancierte sie, hiero und jetzo, doch zu investieren in Kunst, staatliche Gelder durch private zu ergänzen, damit junge Künstler einen Freiraum bekämen in jenen harten ersten Jahren nach dem Hochschulabschluss, um sich entfalten zu lernen.
Ob sie dabei ein „gültiges Bild“ Hamburgs in ihre Werke implantieren wollen, wie Dana Horáková weiter vermutete, bleibt fürs erste dahingestellt. Tatsache ist aber, dass der Seligsprechung der Senatorin wohl nichts mehr im Wege steht. Ob auf Zeit oder auf ewig – es wird sich erweisen. Im schlimmsten Fall teufelt‘s ab 1. März wieder ganz gewaltig.
PETRA SCHELLEN