der sechste tag :
12.20 Uhr im Berlinale Palast am Potsdamer Platz: „The Road To Guantanamo“ von Michael Winterbottom im Wettbewerb. 17 Uhr im Zeughauskino: Billy Wilders unverwüstlicher Film „Eins, zwei, drei“ in der Reihe „Selling Democracy“. 20 Uhr dortselbst dann in der „Traumfrauen“-Retrospektive „Et Dieu Crea La Femme“ von Roger Vadim mit Curd Jürgens, Jean-Louis Trintignant, vor allem aber mit Brigitte Bardot. So könnte für einen Berlintouristen heute ein ganz entspannter Berlinale-Tag aussehen.
Es geht aber auch anders. In „Six Feet Under“ ist er für die Kunst studierende Claire der absolut Größte: Big, bigger, Matthew Barney (Foto). Dass Kunst und Kino in Form, Inhalt, Repräsentation und all den anderen semiologischen Leckereien nicht mehr so richtig voneinander zu trennen sind, kann man in der Spezial-Ausstellung „Cinema Expanded“ sehen, die parallel zur Berlinale im Arsenal-Kino und in den Kunst-Werken stattfindet; dass sie sich auch in Sachen Glamour ergänzen, dafür steht wiederum Matthew Barney. Deshalb ist der 1967 in San Francisco geborene Künstler dieses Jahr Mitglied der Berlinale-Jury – als Nachfolger des chinesischen Paradiesvogelpoppüppchens Bai Ling? Schließlich liebt Barney Kino vor allem wegen der Möglichkeit zu immer neuen Verkleidungen. Das gilt für Menschen ebenso wie für Dinge: Für seinen monumentalen „Cremaster“-Zyklus ist er in der Maskerade eines Fauns durch Parkanlagen stolziert. Weil Barney aber auch als körperbetonter Performance-Artist extrem gut in Schuss ist, hat er sich vor zwei Jahren auf dem Karneval im brasilianischen Bahia eingeschlichen, um dort frei schwingend und völlig nackt unter einem Lkw sein Glied an der mit Vaseline eingefetteten Kurbelwelle des Lasters zu reiben. Das Ergebnis war der 89-minütige Film „De Lama Lamina“, der letztes Jahr auf der Kölner Filmbiennale lief. Heute Abend wird zu Ehren von Barney im Haus der Kulturen der Welt dessen leicht ins opernhafte neigender Film „Drawing Restraint“ gezeigt, bei dem auch seine Frau Björk mitgespielt hat. Im Zentrum steht die ewige Transformation von Körpern, Orten und Seelen, es geht aber auch um den japanischen Walfang.