der rote faden : Pyjama für alle
durch die woche mit
Nina Apin
Von Doris Day stammt der launige Ausspruch: „Die Ehe ist wie ein Telefon: Wenn man nicht richtig gewählt hat, ist man falsch verbunden.“ Gottchen, ausgerechnet Doris Day, denken Sie jetzt, geht’s nicht ein wenig frischer? Ich hätte ja auch lieber mit einem Laurie-Penny-Zitat angefangen. Aber „Pyjama für zwei“-Spießigkeit passt einfach besser zu dieser Woche, die von „Gedöns“ dominiert war und inhaltlich doch sehr retro daherkam.
Im Koalitionsausschuss einigten sich zum Ende ihrer von langweiliger Routine geprägten Zweckehe hin die Koalitionspartner müde auf ein paar Dinge. Vor allem ging es dabei um den Schutz der bürgerlichen Kleinfamilie. Etwa vor „Scheinvätern“ – mittellosen Männern, die gegen Bezahlung ein fremdes Kind anerkennen, damit Mutter und Kind ein Bleiberecht in Deutschland erhalten.
Auch beim Verbot von Kinderehen war man sich einig: falsch verbunden. Natürlich gehören Mädchen unter 16 auf die Schulbank, nicht vor den Traualtar. In Deutschland betrifft das Verbot auch rund 1.500 verheiratete geflüchtete Ehepaare, von denen etwa die Hälfte aus Syrien kommt. Was mit den Kindern geschehen soll, wenn der Vater plötzlich nicht mehr erziehungsberechtigt und verantwortlich ist, ließ die Koalition allerdings offen.
Die „Ehe für alle“ stieß bei der Union auf erbitterten Widerstand. Ehegattensplitting, Hinterbliebenenversorgung, gut und schön – aber Kinder für Mann und Mann oder für Frau und Frau? Niemals! Untergang des Abendlands! Vielleicht Ansteckungsgefahr für die Kinder! In dieser Paranoia sind sich die Verteidiger der heteronormativen Kleinfamilie aus den C-Parteien übrigens weitgehend einig mit den muslimischen Eltern, die kürzlich in einer Berliner Kita Sturm liefen gegen einen homosexuellen Erzieher.
Beide, Unionschristen wie Traditionsmuslime, wollen in unübersichtlichen Zeiten am Fetisch biologisch begründeter Geschlechterrollen ums Verrecken festhalten: Die mit den Brüsten soll bitte weiterhin diejenige sein, die Kinder austrägt, bekommt und sich hinterher um sie kümmert. Gern auch beruflich, schließlich ist Frauenarbeit im 21. Jahrhundert selbstverständlich, aber besser in Teilzeit, damit noch genug emotionaler Raum für die Familie da ist.
Denn wohin es führt, wenn sich eine Frau in einer Führungsrolle aufreibt, statt sich um ihre vier Kinder und ihre aktuelle Schwangerschaft zu kümmern, sieht man ja gerade an Frauke Petry: Tränenausbruch beim Landesparteitag, emotionale Rücktrittsdrohungen in der Systempresse …
Vielleicht ist es also doch naturgegeben, dass Frauen (zur Erinnerung: das sind die mit den Brüsten) so selten Führungspositionen bekleiden? Einfach nicht belastbar! Ist es da nicht folgerichtig, dass Leistungsträger mit Penis mehr Geld verdienen, weil …? Äh, warum eigentlich noch mal?
Dass schon viel zu lange Lohnungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern herrscht, fand man auch im Bundestag und beschloss am Donnerstag das schüchterne „Gehaltstransparenz“-Gesetz von Frauenministerin Schwesig (SPD). Frauen in Betrieben mit mehr als 200 MitarbeiterInnen – warum eigentlich nicht in kleineren? – muss nun offengelegt werden, wie viel ihre männlichen Kollegen verdienen. Im Durchschnitt sind das in Deutschland 21 Prozent mehr – laut Statistischem Bundesamt erklären sich drei Viertel der Lohnlücke mit struktureller Benachteiligung von Frauen. Bleibt der „bereinigte“ Unterschied, den der Chef jetzt rechtfertigen muss. Immerhin. Doch er kann dann immer noch sagen, der Mann habe halt besser verhandelt.
Mit diesem Argument schmetterte Ende Januar ein Berliner Arbeitsrichter die Klage einer ZDF-Mitarbeiterin auf gleiche Bezahlung ab. „Das nennt man Kapitalismus“, belehrte sie der Mann. Das System weiß sich zu wehren. Der Doris-Day-Preis für systemstabilisierende Trutschigkeit geht diese Woche übrigens an Exfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Die gab per Twitter eine persönliche Erklärung zu Schwesigs Entgelttransparentsgesetz ab. Entgegen der Mehrheitsmeinung ihrer Partei wandte sich Schröder gegen die „Umerziehung durch den Staat“. Frauen sollten lieber selbst entscheiden, wie viel sie verdienten.
Stimmt: Über Ungerechtigkeit nachzudenken macht nur hässliche Falten. Doris Day behielt ihren rosigen Teint wohl deshalb so lange, weil sie sich mit Humor in der Subordination einrichtete: „Männer sind doch Kavaliere – manch einer begleitet seine Frau beim Rasenmähen sogar mit einem Sonnenschirm.“
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