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der rote faden Die billigsten Drehbücher schreibt immer noch die Realität

Hackertrupp

durch die woche mit

Meike Laaff

Liebes 2016, es reicht so langsam. Ich weiß, man kann den Zuschauern inzwischen schon so einiges zumuten. Man kann es aber auch übertreiben mit den irren Plot-Twists. Irgendwann wird es doch wirklich zu überdreht und realitätsfremd. Diese Woche zum Beispiel.

Schlick

Und damit meine ich gar nicht mal die Geschichte mit Harold Martin und der NSA. Denn die taugt schon dazu, das weiterzuerzählen, was mit den Snowden-Enthüllungen begann: Martin, der für einen Vertragspartner der NSA arbeitete, soll über zwei Jahrzehnte hinweg (!) höchst vertrauliche Daten aus der Geheimdienstbehörde abgezapft haben. Darunter auch Tools, mit denen die NSA in Computersysteme von Ländern wie Russland oder China einsteigen wollte. Was, wie dem inzwischen inhaftierten und angeklagten Martin vorgeworfen wird, ziemlich genau dem entsprechen soll, was ein Hackertrupp namens „Shadow Brokers“ im August zum Verkauf anbot. Weswegen man sich nun natürlich fragt: Verkaufte Martin das Zeug an die Hacker? Kooperierte er mit ihnen? Hatte er die über 50 Terrabyte NSA-Daten einfach nur gehortet und so schlampig abgesichert, dass die „Shadow Brokers“ sie nur noch bei ihm abzapfen mussten? Oder gab es am Ende doch gar keine Verbindung zwischen beiden Ereignissen? Das ist doch Geheimdienstthriller vom Feinsten.

Aber wie sich die Story in Deutschland nun entwickelt, ist wirklich ein bisschen zu billig. Es war ja schon am Anfang der ersten Staffel klar, dass die Snowden-Enthüllungen kein Happy-Datenschutz-End haben werden, bei dem sich zum Schluss alle freudig in die Arme fallen und versprechen, einander nie, nie wieder in den Metadaten herumzuwühlen. Dass die Bürger so gar nicht wütend wurden, dass der BND ziemlich viel mehr im Internetverkehr aus dem eigenen Land mitgeschnüffelt hat, als er eigentlich gedurft hätte – okay, das kann man ja so erzählen. Aber all dieses rechtliche Kuddelmuddel dann am Ende von Staffel 3 damit aufzulösen, dass der BND einfach ein neues Gesetz verabschiedet bekommt, das auf einen Schlag praktisch alles legalisiert, was er vorher nicht so richtig gesetzestreu getan hat – damit machen es sich die Drehbuchautoren doch ein bisschen zu einfach. So was würde doch kein Par­lament ernsthaft verabschieden – während es parallel in einem Untersuchungsausschuss auch noch mit beiden Händen in dem NSA-Schlick herumwühlt.

Hyperhyper

Auch die Reihe „Gutes Handelsabkommen, schlechtes Han­del­ab­kom­men“ könnte endlich mal abgesetzt werden. Gut, die jüngste Wendung, dass sich die kleinen Wal­lo­nen gegen Ceta stellen, ist ganz originell. Aber sonst ist diese ganze Geschichte nach TTIP und Acta und wie sie alle heißen doch wohl ­auserzählt.

Was aber natürlich alles Peanuts sind angesichts der „Unbreakable Donald Trump“-Story. Schon allein, weil ja inzwischen fast jede Nebenrolle ihre eigene skurrile Spin-off-Serie bekommen hat – so „Better call Saul“-mäßig. Nehmen wir allein den Hyperhyper-Kapitalisten Peter Thiel aus dem Silicon Valley. Der unterstützt Trump derart lauthals, dass er jetzt Stress kriegt mit all seinen Milliardärs-Homies aus dem Valley.

Nippel

Oder natürlich Julian Assange. Der hat von seinem Botschaftszimmer aus auf seiner Plattform Wikileaks ein derartiges Leak-Sperrfeuer gegen Hillary Clinton und ihre Kampagne eröffnet, dass es seiner ecuadorianischen Gastbot­schaft zu bunt wurde und sie ihm einfach mal das Internet abgedreht hat. Als wär’s ein ungezogener Bengel, der jetzt mal aufhören soll, Tag und Nacht Playstation zu zocken. Na klar. Und dann taucht auch noch ein Comedian von Russia Today vor Assanges Fensterchen auf, der ihm per Megafon das Internet vorliest. Wirklich Realität?

Facebook legt auch noch einen drauf. Da hat man nämlich die automatische Nippelerkennung inzwischen so sehr hochgedreht, dass sie in dieser Woche ein Video für die Brustkrebsprävention zensierte, in dem ein paar animierte rosa Kreise zu sehen waren. Also einmal mehr diese beunruhigende Mischung aus algorithmischem Schluckauf und völlig realitätsfremder Brustwarzenphobie eines Internetweltkonzerns. Aus reinem Eskapismus stelle ich mir vor, wie eine früh pubertierende Künstliche Intelligenz von Facebook in ihrem Jugendzimmer sitzt, durch ihre Sammlung Face­book-zensierter Nippel flippt, sich ein bisschen daran aufgeilt und dann kichernd überlegt, in welchen Formen und Farben man noch so Brüste zum Zensieren entdecken könnte.

Falls irgendjemand daraus eine dadaistische Cartoonserie machen will: Nur zu. Wirrer als das, was tatsächlich passiert, kann es ohnehin kaum werden.

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