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Archiv-Artikel

der rechte rand Direkt aufs Ohr gezielt

Wegschauen geht nicht: 25 Prozent mehr Neonazis haben die Verfassungsschützer im vergangenen Jahr gezählt. Für die taz nord beobachtet Andreas Speit den rechten Rand. Kontinuierlich.

Die Songs liefern für die NPD die Message. Erneut will die älteste neonazistische Partei mit einem Rechtsrock-Sampler „Hier kommt der Schrecken aller linken Spießer und Pauker!“ Jungwähler werben. Denn Rechtsrock ist der ideologischen Transmitter für ihre Schlagworte.

Auch das Merchandising hat die NPD ausgebaut. Im CD-Booklet preist sie ihren Versandkatalog für „nonkonforme“ Musik und Bekleidung an – wohl wissend, dass rechtsorientierte Jugendliche gerne mit neuen „Styles“ ihre politische Zugehörigkeit ausdrücken. Über mangelnde Kundschaft können sich auch die Inhaber von „Odin & Freya“ nicht beschweren. Der Hamburger Laden ist Spezialist für rechte Outfits. Verärgert haben dürfte sie aber der Protest gegen ihr Geschäft: Gleich nach dem St.-Pauli-Heimspiel am Samstag demonstrierten Fußballfans und Kiezanwohner unter dem Motto „Naziladen Talstraße dichtmachen“, rund 2.500 waren dem Aufruf des „Bündnis gegen Naziläden“ gefolgt, den 190 Kneipen, Geschäfte, und Initiativen unterzeichnet haben. „Wer rechte Marken vertreibt, finanziert die rechte Szene“, so Cornelia Kerth von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“. Ein weiterer Bündnissprecher wies darauf hin, dass die rechte Subkultur viele Styles zulasse, solange die Botschaft eindeutig sei. Entsprechend finden sich auch auf der neuen NPD-CD Musikstile von Rock bis Balladen. Für heute ist eine bundesweite Verteilaktion angekündigt. In allen nördlichen Bundesländern hat die NPD bereits die Gratis-CD an Infoständen oder vor Schulen ausgereicht. Am „Neuen Gymnasium“ in Oldenburg, wie auch an der „Peter Petersen Gesamtschule“ in Hamburg versuchten sie erfolglos, die Tonträger an die Schüler zu bringen. Nur im Raum Hannover sollen sie ihnen „aus den Händen gerissen“ worden sein. Aufgetaucht sind sie dort am „Johannes Kepler Gymnasium“, der „Caroline Herschel Realschule“ und „IGS Garbsen“ aufgetaucht.

Vorsorglich hat die NPD die Scheibe rechtlich überprüft. Denn als 2004 Neonazis die Multimedia-CD „Anpassung ist Feigheit“ verteilen wollten, verhängte die Staatsanwaltschaft Halle einen Beschlagnahmebeschluss. Nun sind die Texte der Bands, von denen andere Lieder indiziert sind, moderater, aber nicht minder neonazistisch gehalten: So spielt „Carpe Diem“ auf ein „großgermanisches Reich“ an; „Noie Werte“ droht „Ich kenne deinen Namen (…) Du bist nicht die Faust wert, die deine Nase bricht“ und die Sängerin Annett jammert „wenn ein Deutscher im Staat weniger zählt, wie ein Flüchtling (...) Da frag ich laut: Läuft hier nicht was schief?“

Die CD ist nicht strafbar, heißt es seitens der Verfassungsschutzbehörden. Umso wichtiger also, dass es andere Vorgehensweisen gegen diese Wahlwerbung gibt. So bietet die Arbeitsstelle Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf eine Argumentationshilfe an, die unter www.arbeitsstelle-neonazimus.de abgerufen werden kann: Vor allem für Lehrer gedacht, skizziert sie die jeweiligen Interpreten und analysiert die Songs. Unter dem Motto „Gebt die CD zurück“ bietet „Bündnis 90/Die Grünen“ ein Gewinnspiel an: Zur Beteiligung reicht es, ein Exemplar der NPD-CD einzureichen. Toppreis: eine Berlinreise und zwei VIP-Tickets zum Abschlusskonzert von „Laut gegen Nazis“.

Andreas Speit