der neunte tag :
Jetzt wird er also doch in seiner unzensierten Fassung gezeigt: Groß war in den letzten Tagen der Trubel um den chinesischen Wettbewerbs-Beitrag „Lost in Beijing“, der recht kurzfristig der Zensur der chinesischen Behörden zum Opfer gefallen war. Aus „rein technisch-logistischen Gründen“ sei es am heutigen Freitag nicht möglich, die geänderte Fassung des Films zu zeigen, hieß es gestern vonseiten der Berlinale-Öffentlichkeitsarbeit. Vage Erklärungen dieser Art leisten natürlich allerhand Mutmaßungen Vorschub: Ist etwa in letzter Sekunde das Kopierwerk niedergebrannt? Der Kurier überfallen worden? Bricht der Yousendit-Download immer wieder mittenmang ab? Für alle Fälle werden heute Abend die Sicherheitskräfte im Berlinale-Palast verstärkt, damit eine reibungslose Vorstellung des Films gewährleistet ist. Nicht ganz unriskant ist das Ganze freilich für die Regisseurin des Films, Li Vu. Ihr Landsmann Lou Ye, dessen Film „Summer Palace“ letzten Sommer beim Filmfestival in Cannes unerlaubterweise unzensiert gezeigt worden war, musste sich für diesen Verstoß in China vor kurzem mit fünf Jahren Berufsverbot bestrafen lassen. Nun geht es in „Summer Palace“ allerdings auch um das Tiananmen-Massaker von 1989, während in „Lost in Beijing“ nicht mehr als ein paar vergleichsweise harmlose Dinge wie zu freizügige Kopulationsszenen und Schmutz auf Pekings Straßen den Unmut der Zensur erregen. Hoffen wir mal, dass Li Vu glimpflich davonkommen wird.
Überhaupt keine Angst hingegen braucht heute Abend Helmut Berger zu haben, wenn er im Rahmen der lesbisch-schwul-bi-transgenderischen „Teddy“-Gala im Hangar 2 des Flughafens Tempelhof mit einem Preis für sein Gesamtwerk geehrt wird. Der Zeitpunkt ist überaus schön gewählt: Der langjährige Lover des mittlerweile 63-jährigen Exzess- und Diät-erprobten Österreichers Luchino Visconti wäre am 17. März 100 Jahre alt geworden. Gratulation, Herr Berger!