der kommentar : Das ewige Liedchen
Ihre Songs nudeln sich in alle Ohren, aber Amy MacDonald („Mr. Rock & Roll“) ist vor allem dies: die Liedersuse der Saison. Ein Nachruf
Neulich war sie sogar zur Goldenen Henne geladen, eine Auszeichnung, die nur erhält, wer wirklich hitparadenpassend ist: Amy MacDonald aus Schottland, 19 Jahre, Schulabgängerin, aber dank einiger Talentwettbewerbe zunächst von Talentspähern entdeckt, dann einen Vertrag mit der Universal abgeschlossen, dem Bayern München der Musikwirtschaft, schließlich hat sie auch ihre Studienpläne („cool abhängen und so“) aufgeschoben. Und das ist eine sehr kluge Entscheidung einer sehr niedlichen, sehr jungen und stimmlich sehr gut hörbaren jungen Frau, die als Teenie einerseits Jake Gyllenhaal toll fand und andererseits Razorlight und Michael Jackson.
Nun ist sie mit ihrem Album wie mit zwei Singleauskoppelungen in den Charts, unter anderem „Mr. Rock & Roll“, eine Reflexion über verwehendes Sternchendasein, gesungen mit tüchtig vibrierendem Timbre. Ob Amy MacDonald, die in Bälde durch Deutschland tourniert (20. Oktober Berlin, 22. Köln, 25. München und 27. Hamburg), mehr ist als ein Schmetterling, der träumt, er werde einen Herbst überleben, mag man hoffen. Aber wie alle Hoffnung wird sie weitgehend verwehen.
Das muss man ihr nicht wünschen, im Gegenteil, wer weiß, ob sie nicht plötzlich zum Star einer Dekade wird wie Janis Joplin, Joni Mitchell, Patti Smith, Kate Bush, Dido (demnächst mit neuer Platte) oder Annie Lennox. Doch es gibt so viele Vorsemesterträume, die rascher zerstoben, als man ihnen persönlich gönnte: Edie Brickell, Vanessa Carlton, Bic Runga oder Katie Melua, dem Idol von Kulturwissenschafts- und Genderstudiesstudierenden. Kurzum: Alles Susen, die einen Spätsommer uns einen vorheulten, ehe wir ihrer Sorgen leid waren. Amy MacDonald werden wir im Herzen behalten. JAF