der griff der braunen hände nach der schweiz von WIGLAF DROSTE :
Die SVP, Schweizer Meisterin im Angstmachen, hat sich eine Kampagne zur Einwanderungspolitik ausgedacht. Einwanderung heißt bei der SVP Neinwanderung; um beim Volksentscheid Ende September genügend Nein-Stimmen zu mobilisieren, setzt die SVP auf Hysterie. Das Plakat der Blocher-Leute zeigt Hände, die unbefugt und gierig Schweizer Pässe anlangen: Eine hellbraune Hand, zwei hellhäutige und zwei dunkelbraune Hände grapschen nach den roten Ausweispapieren mit dem weißen Andreaskreuz.
Die Schweiz umzingelt von Eindringlingen, die nur eins wollen: Schweizer werden, um die richtigen Schweizer, die Kernschweizer zu verdrängen – so stellt die SVP die moderne Völkerwanderung dar. Wähler, die dieser nicht unraffinierten, verstandesfernen und schäbigen Nummer aufsitzen, sollten sich einen gestickten Vers übers Sofa hängen: Man muss uns Schweizer loben, Hosen voll bis oben.
Was die Sauberschweizer von der SVP für Leute sind, kann man hin und wieder in aller Pracht erfahren. Anfang September wurde Roger Etter, früherer SVP-Großrat im Tessin, in Lugano zu elf Jahren Zuchthaus verurteilt. Etter, ein 44-jähriger Bankier mit Ambitionen zum Staats- und Nationalrat, hatte zehn Jahre lang das Schwarzgeld eines befreundeten Bauunternehmers auf seine ganz eigene Weise verwaltet: 126-mal zwackte er davon etwas für sich selbst ab und veruntreute insgesamt 3,2 Millionen Schweizer Franken. Davon baute er sich eine Villa in Rovio oberhalb des Luganersees und erwarb nahe Lugano zwei Einzimmerwohnungen, die er an Nachtclubtänzerinnen vermietete.
Als der Bauunternehmer im Februar 2003 von Etter wissen wollte, was denn aus seinem Geld geworden sei, drohte der Betrug aufzufliegen. Das Gericht in Lugano sah als erwiesen an, dass Roger Etter nun einen Mord plante. Er lud den Bauunternehmer zum Abendessen ein, anschließend ging es in die vom gemopsten Geld gebaute Villa. Dort nahm Etter, der auch Waffen sammelt, eine Pistole zur Hand, aus der sich, so Etter, zufällig ein Schuss löste, der den Bauunternehmer zufällig am Kopf traf. Der Version vom Unglückszufall wollte seltsamerweise aber nur Etters Anwalt Glauben schenken, der dafür ja auch bezahlt wird.
Schon in den Neunzigerjahren hatte der SVP-Politiker Roger Etter sein Faible für Waffen unter Beweis gestellt: In Österreich besuchte er ein Treffen von ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS und bat anschließend in einem Zeitungsinserat weitere Waffen-SS-Männer, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Dabei nannte er sich und seine Frau „gleich Gesinnte aus der italienischen Schweiz“. Als die Sache ruchbar wurde, stritt Etter selbstverständlich jede rechtsradikale Neigung ab – als „Hobbyhistoriker“, machte Etter geltend, habe er mit den Zeitzeugen von der Waffen-SS in Verbindung treten wollen.
Die SVP hat sich von Etter getrennt – er vertrat die parteispezifische Mischung aus rechter Gesinnung und krimineller Energie etwas zu offensiv und vor allem zu auffällig. Das Plakat mit den nach Schweizer Pässen grabbelnden braunen Händen könnte gleichwohl von Etter stammen. Und handkehrum stimmt es sogar: Es greifen braune Hände nach der Schweiz. Sie gehören den Leuten von der SVP.